von Anke Hülsmeier, Pfarrerin, Religionsunterricht am Ravensberger und am Friedrichs-Gymnasium.
Digitalisierung – der Widerspenstigen Zähmung.
Samstagnachmittag. Die Aufgaben für die kommende Woche sind konzipiert, zusammengestellt und fristgerecht hochgeladen. Ich habe für jede Lerngruppe ein Anschreiben formuliert, Buchseiten gescannt, alles schön sortiert – und zwei Lernplattformen mit einer großen Datenmenge geflutet. Am Sonntag kommt die freundliche Nachricht eines Kollegen: „Hallo Anke, ich habe deine Dateien für die 5c mal ein bisschen nett gemacht und komprimiert. Dann ist die Datenmenge nicht so groß. Wenn du möchtest, kannst du diese Version ja hochladen.“ Natürlich möchte ich, bedanke mich bei dem Kollegen und ersetze meine Datenflut.
Ich schäme mich ein bisschen meiner Unwissenheit und denke: „Das muss ich doch irgendwie auch hinkriegen!“ Ich durchforste meinen Computer nach einem weisen Rat. Aber ich finde NICHTS! Hilferuf aus meinem Arbeitszimmer: „Weiß irgendjemand in dieser Familie, wie man Dateien komprimiert? Ich glaube, mein Betriebssystem gibt das nicht her.“
Kommentar aus dem Off (Sohn, 22): „Musst halt mit apple arbeiten.“
Na toll. Vor drei Jahren erbte ich von besagtem Sohn ein Handy der Marke mit dem angebissenen Apfel – neuer Akku, neues Display, aber das alte, schön handliche Telefon. Schließlich will ich kein Möchte-Gern-Tablet mit mir herumtragen und ich bin sehr zufrieden. Aber auf meinem Arbeitsrechner läuft die Konkurrenz.
Der Sohn hat ein Einsehen, kommt an meinen Schreibtisch, rückt einen Stuhl an meine Seite, guckt auf den Bildschirm und stellt fest: „Es liegt nicht daran, dass du zu doof bist. (Ein Glück!) Dir fehlt einfach die Software. Also, bei apple wäre das ja ganz einfach, aber hast du ja nicht.“ –
Wer hat eigentlich das superteure, für den Sohn aber überlebenswichtige Macbook Pro zur Hälfte bezahlt?
PDF 24 ist vorerst die Rettung: herunterladen, Dateien zusammenfassen und komprimieren – ein bisschen umständlich zwar, aber läuft! „Again what learned!“ sage ich mir. „Wie man das Ganze dann in schön macht, darum kümmere ich mich morgen.“ Werfe noch einen freundlichen Blick auf meinen anderen Methusalem auf dem Schreibtisch, der zur Zeit klaglos reichlich Überstunden macht, fahre ihn herunter und sehe in der Küche nach, ob’s noch Schokolade gibt. Das ist nun schon eine Weile her.
Letzte Woche wollte ich mir als verantwortungsbewusste Bürgerin die Corona-Warn-App auf besagtes Apfel-Handy laden und stelle fest: Es ist zu alt! Muss ich mir nun ein neues Handy kaufen? Und das alte irgendwo zum recyclen geben? Meiner Mutter kann ich es nicht vererben, da, wo die jetzt ist, braucht man bestimmt kein Handy.
Ich habe diese letzte Frage noch nicht entschieden. Denn das gute 5s funktioniert einwandfrei.
Aber wie schön ist die Erkenntnis: Wenn irgendetwas nicht läuft, liegt es nicht unbedingt daran, dass ICH zu doof bin oder zu alt. Manchmal ist es auch die Technik.
Also: Mit welchem Gerät sie sich auch immer einigen müssen: Nicht entmutigen lassen!
Anke Hülsmeier, Pfarrerin, Religionsunterricht am Ravensberger und am Friedrichs-Gymnasium