Angedacht zum Sonntag Invocavit 18.Februar 2024

Gottvertrauen in der Zeit der Versuchung

Man wird Essen suchen, wenn man Hunger hat, weil ein leerer Bauch Unangenehmen ist. Mit vollem Magen fühlt man sich wohl und damit kann man gut arbeiten. Aber wenn man satt ist und die anderen körperlichen Bedürfnisse schon erfüllt sind, wird man bestimmt nach Größerem verlangen und danach suchen, weil man seinen Träumen und Wünschen nachfolgen möchte.  Ohne das wird man keine Ruhe haben; diese Neigung nennt man Selbstaktualisierung. In uns, befindet sich eine bewegende Antriebskraft, die uns anstoßt, damit wir dem Ziel unseres Lebens nachfolgen, beziehungsweise es finden. Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche nennt diesen Willen: Der Wille zur Macht,  mit dem man dieses Leben mit seinen Absurditäten genießen kann. Aber was mag passieren, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher die Macht hat, kann das auch zum Wohlstand führen?

            Im Kindheitsevangelium nach Thomas ist Jesus als Kind als eine ganz andere Person dargestellt. Statt als ein liebes und freundliches Kind, wie es das Lukasevangelium beschreibt, als Jesus mit Gelehrten im Tempel über die Thora diskutiert, gefunden wurde, war  Jesus in dieser verbotenen Evangelium ein frecher Junge. Er wusste, dass er Kraft hatte, um  Wunder und etwas Besonderes machen zu können. Nicht selten verfluchte dieser Jesus jemanden bis zum Tod oder er tat jemanden Böses an, weil er sich an ihm rächen wollte. Jesus ist in diesem Evangelium ein Machtmissbraucher, der stolz ist, dass er die anderen in Aufregung und Angst versetzen kann.

            Aber in den apostolischen Evangelien, die wir als Basis unseres Glaubens benutzen, begegnen wir Jesus ganz anders. Nachdem er von Johannes im Jordan getauft worden war, wurde er anschließend vom Teufel versucht, die Macht zu missbrauchen. Der Satan überredete ihn, jedoch gab er aber nicht nach. Er musste die schwierigste Prüfung  ablegen, bevor er seine öffentliche Arbeit als Rabbiner und Thoralehrer begann. Davor hatte er schon vierzig Tage gefastet, deshalb war er  müde, hungrig und zugleich erschöpft. In diesem Zustand konnte er trotzdem sein Bewusstsein noch behalten, deswegen hat er die Prüfung mit ,,besten Noten’’ bestanden. Er erkannte die Falle und die Schlingen des Teufels, weil er geistlich stark und weise war. Das Schicksal der Welt ist von Jesu Antwort abhängig, wie der Text im Matthäusevangelium 4,1-11 geschrieben ist.

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« 5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 8 Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm (Matt 4,1-11)

Jesus konnte die Quarantäne überstehen, und am Ende dieser vierzigtägigen Zeit kam ihm der Versucher entgegen. Als er an der Grenze seiner Kraft war, konnte er aber die Ruhe bewahren.  Mit Weisheit und vollem Gottesvetrauen konnte er alle Versuchungen überwinden. Mit verführerischen Worten bat der Satan ihn, eine dramatische Aktion zu zeigen, denn der Teufel wusste, dass Jesus kein gewöhnlicher Mensch ist. Gott hat zuvor, nachdem Jesus von Johannes getauft worden war, eine Erklärung gemacht, dass er sein geliebter Sohn ist. Jesus besitzt einen Sonderstatus, er hat Kraft Wunder zu machen. Wenn er will, wird das entstehen, was er befiehlt. Der Satan wollte, dass Jesus diese Kraft und Macht missbraucht, indem er den Zuspruch Gottes betätigen würde, um etwas Großes und Wunderbares zu machen.

Zuert überredete ihn der Teufel, sein körperliches Elend und die Hungersnot der Menschenheit zu beseitigen. Dadurch würde er als Held anerkannt. Aber Jesus ließ sich nicht damit besiegen, weil er nicht Gottes Welt  zerstören wollte, nur um satt zu sein. Und Jesus erkannte auch die Gefahr der Sättigung und des Wohlstandes, denn die Menschen werden schnell Gott und seine Gaben und Segen vergessen. Das Leben ist nicht nur vom täglichen Brot abhängig, sondern auch von Gottes Wort. Dieses Wort hat alles ins Leben gerufen, und durch dieses Wort ist alles sehr gut geworden.

Der Satan aber hörte nicht auf, er möchte, dass Jesus Gottes Treue überprüft, ob der Almächtige sein Versprechen halten wird, wie er in der heiligen Schrift erklärt hat. Jesus antwortete, dass Gottes Wort Kraft hat, und jetzt wollte der Versucher prüfen, ob Jesus an Gott glaubt. Er zitierte einen Vers der heiligen Schrift, und möchte sehen, dass Jesus das wahr nimmt. Jesus aber lehnte ab. Er wollte nicht Gott missbrauchen, als wäre seine Macht abhänggig von dem Wunder das er tut, wie es ein Beter oder ein Anbeter verlangt. Für Jesus ist Glaube kein Werkzeug Gottes Gnade und Barmherzigkeit zu erlangen. Bibelverse sind kein Zauberspruch, mit dem man die Kraft Gottes bewegen kann, um etwas Erstaunliches zu zeigen und zu erleben.

Bei dem lezten Test hat Satan sein wahres Gesicht gezeigt. Er versprach Jesus alle Reiche und alle Herrlichkeit der Erde, wenn er vor ihm niederkniet und ihn anbetet. Er ist sich sicher, dass er von Jesus angebetet wird, weil er sich sicher ist, würdig zu sein, Anbetung, Lob und Preis zu erhalten. Der Satan wollte Gottes Thron und Herrlichkeit errobern, deshalb versucht er immer Menschen und verspricht ihnen Macht, Reichtum, Ehre und Ruhm zu schenken. Viele Menschen sind wegen dieser Versuchung in Satanismus geraten, obwohl sie wissen, dass diese Religion gefährlich ist, aber aufgrund der Gier, vergessen sie alle Konsequenzen, solange sie reich und mächtig sind. Viele Menschen, wie Dr. Heinrich Faust im Goethes Werk, dieser Versuchung nicht widerstehen können,  haben sogar manche davon ein Bündnis oder Pakt mit dem Bösen abgeschlossen. Satans Versuchung ist verführerisch, und manchmal kommt sie in so feiner Weise, dass es schwierig ist zu erkennen, ob sie von Satan oder von Gott ist.

An diesem Sonntag Invocavit, der bedeutet: Sonntag des Rufens, erinnert uns das Gebet, dass Jesus uns gelehrt hat. Das lautet: ,,Und führe uns  nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!” Jesus hat auch darauf hingewiesen, dass man irgendwann und irgendwo der Versuchung nachgeben kann, als er seinen Nachfolgern im  Garten Getsemanie sagte: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Solange wir noch leben, lauern die Versuchungen für uns immer wieder, und gelegentlich verlieren wir den Kampf. Wir können die Versuchungen nicht vermeiden, aber mit dem Glauben und dem Gottesvertrauen können wir ihnen widerstehen. Und wenn wir während dieser Fastenzeit anstreben, unser religiöses Ziel zu erreichen, sind wir daran erinnert, uns nicht auf unsere Kraft zu verlassen, sondern auf Gottes Liebe und seine Barmherzigkeit. Amen.

Ihr Pfarrer Albert Purba

Abbildung : https://pixabay.com/de/illustrations/jesus-gegen-teufel-8461783/