Und als sie den Stern sahen, waren sie hocherfreut!

Epiphanias, das Fest am 6. Januar, hat vielleicht die vielfältigste Bedeutung von allen christlichen Festen: An Epiphanias findet das Gedenken an die Weisen aus dem Morgenland statt ebenso wie die Erinnerung an die Taufe Jesu. Es ist das Fest, das uns dabei hilft, die Bedeutung von Christi Geburt zu vertiefen. Aber dazu ist nötig, sich die Verheißungen des Alten Testaments zu vergegenwärtigen. Denn erst durch sie kommt die Herrlichkeit des Christus ans Licht. Wir sollten uns die Hinweise der neutestamentlichen Texte auf das prophetische Wort an Israel zu Herzen nehmen, gerade wenn wir über die Bedeutung der Geburt Christi nachdenken. Lange Zeit hat es diesbezüglich eine Vergessenheit in der Kirche gegeben und zum Teil besteht sie noch. Eine heillose Vergessenheit, wie ich hinzufügen muss. Gerade das Evangelium von den drei Weisen aus dem Morgenlande belehrt darüber, dass ohne das göttliche Wort, das zuvor an Israel ergangen war, wir den Sohn Gottes nicht finden werden.

Lieber Leser, liebe Leserin!

Der Prophet Jesaja sah bereits Jahrhunderte vor der Geburt Christi, wie die Völker der Welt zum Zion kommen und den Gott Israels als den einzig wahren Gott anbeten werden. Und nun hören wir bei Matthäus wie drei Weise aus dem Morgenlande kommen, um den König der Juden anzubeten. Damit bestätigt der Evangelist die Worte der Verheißung. Es ist zutiefst unsere Geschichte, die hier verkündet wird. Oder besser gesagt: sie kann zu unserer Geschichte werden, wenn wir bereit sind, uns einzureihen in diesen Zug der drei Weisen. Denn nun wird verkündet, wie all die Menschen, die nicht zum Volk Israel gehören, von Gott selbst zum Heiland der Welt geführt werden. In der heiligen Nacht wurde offenbar, dass Gott ein Gott aller Menschen sein will.

Damit wird ein jahrhundertelanges Geheimnis gelüftet. Bis dahin war nur Israel eingeweiht. Dazu lesen wir beim Apostel Paulus: „Dieses Geheimnis besteht nämlich darin, dass die nichtjüdischen Völker durch Christus zusammen mit den Juden Anteil bekommen an dem Erbe, das Gott uns versprochen hat; sie gehören zum Leib von Jesus Christus, zu seiner Gemeinde, und auch für sie gelten die Zusagen, die Gott seinem auserwählten Volk gab. Das alles bewirkt Gott durch die rettende Botschaft.“ Für jene drei Weisen blieb der Stern – über lange Zeit – lediglich ein Objekt ihres wissenschaftlichen Interesses und Forschung. Sie waren sich ganz sicher, dass sie aufgrund ihrer Berechnungen erkannt hatten, auf welches Ereignis der Stern verwies.

Anders hingegen stellte sich dies für all diejenigen in Israel dar, die mit dem Wort Gottes vertraut waren. Ihnen wurde durch das Erscheinen des Sterns die Vision des Bileams in Erinnerung gerufen: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht von nahem: Es wird ein Stern von Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel kommen.“ Erst durch das Hören auf diese Verheißung konnte das Erscheinen des Sterns in seiner wahren Bedeutung erkannt werden. Erst die Verheißung erlaubte es, den Stern als eine Erscheinung zu betrachten, die auf Gottes Wirken in der Welt verweist.

Nun –  aufgrund dieses Sterns begaben sich auf die Suche. Sie mussten sich dazu aufmachen. Hören Sie auch die Worte des Jesajas: Mache dich auf! Dazu gehört natürlich auch Vertrautes und Bekanntes zu verlassen, sich in fremde Gefilde zu begeben. So führt Gott wohl uns Menschen zu sich hin – mit einer Bewegung, vielleicht auch mit einer inneren Bewegung – einer Art von Unruhe. In diesem Fall müssen wir wohl von einer heiligen Unruhe sprechen – eine, die himmlischen Ursprungs ist.

Dieses Evangelium von den Weisen aus dem Morgenlande handelt nicht von ihrem Glauben an die Verheißungen über das göttliche Kind, sondern die Absicht des Matthäus ist es, uns zu verkündigen, wie Gott mittels seines Geistes die Schritte auch der Menschen lenkte, die nicht zu seinem Volk Israel gehören, die nicht in den Vorzug der Verheißungen gekommen waren, zeigt damit auch wie sehr Er Herr des Geschehens ist in unserer Welt und wie Er jene Lügen straft, die das nicht wahrhaben wollen.

Und so hatte unser Gott jene, die sich aufmachten zu suchen – ohne genau zu wissen, was sie in Wahrheit finden werden, zu sich selbst geführt. Und auf dem Weg zu ihm erfuhren sie eine große Freude – Zum Schluss heißt es: Sie zogen  auf einen anderen Weg in ihre Heimat zurück – auch dieser neue Weg ist auf Gottes Führung zurückzuführen. Sie wurden zu anderen, sie wurden zu Christen – weil unser Gott es so wollte.

Amen

Ihre Pfrn. G. Steinmeier