An(ge)dacht zum Sonntag Okuli am 12. März 2023

zu 1. Könige 19,1-8

Neue Kraft

„Ich will nicht mehr! Ich kann nicht mehr!“ Manchmal ist es genug, genug Arbeit, genug Sorgen, genug Ängste. „Ich kann nicht mehr! Es ist mir alles zu viel.“ Ich kenne solche Momente. Dann möchte ich am liebsten alles hinschmeißen, mich zurückziehen. Alle sollen mich in Ruhe lassen.

Elia steckt in einer solchen Situation. Er kann nicht mehr, er ist am Ende, ausgelaugt, verzweifelt. Er hat für seinen Glauben gekämpft, sich verausgabt bis zum Letzten. Er ist bis zum Äußersten gegangen. Natürlich hat er sich damit Feinde gemacht. Jetzt wird er verfolgt, man trachtet ihm nach dem Leben.

Elia flieht in die Wüste. Die Wüste ist angemessen, sein Elend zu symbolisieren. Elia fühlt sich leer und lebensmüde. Er setzt sich unter einen Ginsterstrauch und wünscht sich zu sterben und er sagt: „Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele.“ Elia wünscht sich den Tod. Das Leben ist ihm zu schwer geworden, er hat keine Perspektive mehr. Er fühlt sich innerlich wie zerrissen, er weiß nicht, wie er weiter leben kann und soll. Alle scheinen gegen ihn zu sein. Alles misslingt gerade. Er fühlt sich allein, verlassen, ohne Trost, ohne Perspektive. Seine Hoffnung ist, dass Gott ihn sterben lässt. Hier in der Wüste unter dem Ginster, einfach sterben, das ist sein Wunsch.

Doch Gott lässt ihn nicht sterben. Er hat noch etwas vor mit Elia. Gott schickt ihm seinen Engel. Dieser Engel berührt Elia ganz sacht und ermutigt ihn: „Steh auf und iss!“ Und Elia sieht sich um und entdeckt ein geröstetes Brot und einen Krug mit Wasser. Und Elia stärkt sich mit dem frischen knusprigen Brot und dem kühlen Wasser. Doch noch geht es nicht weiter mit ihm. Er ist noch zu erschöpft, zu kraftlos. Elia schläft noch einmal.

Der Engel kommt ein weiteres Mal zu ihm. Wieder rührt er Elia vorsichtig an und spricht mit ihm: „Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Und Elia isst und trinkt, und er spürt die Kraft, die ihm auf einmal gegeben ist, körperliche Kraft, aber auch seelische Kraft. Er spürt, wie das Schwere von ihm abfällt. Angst und Frust werden durch neuen Mut abgelöst. Er fühlt sich nicht mehr allein gelassen. Er fühlt sich begleitet und gesehen. Mit dieser neuen Kraft verlässt Elia die Wüste, die Einöde und Trostlosigkeit um ihn herum, aber auch die innere Wüste, die ihn gefangen hielt. Elia macht weiter.

Wie wunderbar ist diese Ermutigung, diese körperliche und seelische Stärkung. Gott schickt seine Engel, die uns zeigen, wie unsere Wege weitergehen können. Energisch sprechen sie mit uns, so wie Elia es erlebt hat: „Steh auf und iss, sonst schaffst du den langen Weg nicht, der vor dir liegt!“ Ganz praktisch sind die Ratschläge und ganz besorgt und zugewandt ist die Fürsorge. Gott schickt seine Engel, wie sie auch immer aussehen mögen, damit wir Menschen unsere Wege festen Schrittes gehen.

Auch Jesus, Gottes Sohn, hat Stärkung erfahren. Auch ihm ist ein Engel begegnet, der ihm half, weiter zu machen. Als Jesus kurz vor seiner Verhaftung im Garten Gethsemane betet, als er meint, nicht tragen zu können, was ihm auferlegt ist, da erscheint ein Engel vom Himmel und gibt ihm neue Kraft. Mit dieser Kraft kann Jesus den schrecklichsten Weg gehen, den ein Mensch gehen kann. Er nimmt Demütigung und Spott, Schmerz und Verzweiflung auf sich. Er ist voller Angst. Er fühlt sich allein gelassen. Er fürchtet, diesen Weg, der ihm vorbestimmt ist, nicht gehen zu können. Am liebsten möchte er alles hinschmeißen. Im Garten Gethsemane bittet er Gott, seinen Vater: „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Und doch trinkt Jesus den bitteren Kelch: Er stirbt am Kreuz einen schrecklichen Tod.

Jesus kann diesen Weg gehen, weil er gestärkt und ermutigt wird von einem Engel, den Gott ihm schickt. Gott schickt seine Engel und in seinem Engel ist Gott selber da. In den tiefsten Tiefen des Lebens darf ich mich darauf verlassen, dass Gott mich sieht und mich stärkt und mich in eine gute Zukunft gehen lässt. Das macht mich froh und ich nehme das Leben an.

Viel Kraft für alle Herausforderungen und eine gesegnete neue Woche
Ihre Pastorin Annette Beer