„Arche-Noah-Post“ am 2.4.2020

(Kreuz vor der Franziskanerabtei La Verna, Toskana, Foto: Stefan Kagl)

Das Kreuz ist aufgerichtet

KMD Stefan Kagl, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Herford-Mitte

Kurt Ihlenfeld, der Dichter des berührenden Passionsliedes „Das Kreuz ist aufgerichtet“, das unter der Nummer 94 im Evangelischen Gesangbuch zu finden ist, richtet mit Hilfe sprachlich dichtester Theologie das geheimnisvollste und vielschichtigste Symbol der Christenheit vor uns auf, wie es die altkirchliche Kreuzerhöhung zur Zeit der Spätantike 335 in der Jerusalemer Grabeskirche getan hatte. Dies geschah ganz im Sinne des Evangelisten Johannes (vgl. Joh 3,14). Durch das Kreuz wird der Streit zwischen Gott und den Menschen geschlichtet (Jesaja 53; Römer 3,25-28), ja die ganze Welt soll als Stern des Kreuzes durch Versöhnung und Frieden unter den Völkern strahlen (Römer 5,25-28). In knappen Worten werden die Geschehnisse der Passion unter dem Vorzeichen des sich für seinen Verräter erbarmenden Erlösers erzählt.
Die paradoxe Mehrdeutigkeit des Symbols der Christenheit, unzählig oft in Wort und Musik auf mystische Weise dargestellt, findet Ausdruck in den berührenden Worten: „Das Ja erscheint im Nein, der Sieg im Unterliegen, der Segen im Versiegen…“. Der Dichter knüpft, wie sein Freund Jochen Klepper, an die lutherische Theologie und an den Schatz der klassischen Passionslieder des 17. Jahrhunderts (Paul Gerhardt) an und bricht mit der Theologie des 19. Jahrhunderts, die das Kreuz in seinen Dimensionen kaum auszuleuchten vermochte. Das einseitige Bild des liebenden Gottes, der ständig allen wohltut und am Karfreitag mit rührseligem Jammer belegt wird („Nun gehören unsere Herzen ….“ EG 93) ist überwunden.
So wird neues Leben zum Ansatzpunkt des grausamen Scheiterns, in dem der Fokus auf die Auferstehung, auf das Licht am Ende des Tunnels gesetzt wird: „Wir sind nicht mehr die Knechte der alten Todesmächte…“ Eine Verheißung, die gerade in diesen Tagen Trost spendet, ich denke dabei auch an die Menschen in Norditalien, besonders in der Stadt Bergamo, in der wir Freunde haben und in der ich meinen 50. Geburtstag gefeiert habe. Zwei italienische Musiker, Roby Facchinetti und Stefano D’Orazio haben dieser Stadt eine hoffnungsvolle Hymne gewidmet „Rinascero, rinascerai“ – „Ich werde wiedergeboren, Du wirst wiedergeboren“ und sammeln damit Spenden für das dortige Krankenhaus.

Hier der Link aus der Süddeutschen Zeitung, auf dem man dann auch den Song anklicken kann:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/rinascero-rinascerai-bergamo-song-corona-1.4862870

Hier der Link zum Lied „Das Kreuz ist aufgerichtet“:
https://www.lieder-vom-glauben.de/startseite/?key=9acb3a6d938c6f727a8aa62e72b8ed0e