An(ge)dacht zum 11. Sonntag nach Trinitatis am 15. August 2021

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Lukas 18,9-14
Lösche nicht die Kerze des anderen, um das eigene heller zu machen!
(Pfr.Albert Purba)

Bei den Osterfeierlichkeiten in meiner Kirche in Indonesien hielten mehrere Gemeinden eine festliche Veranstaltung mit Wettbewerben ab. Z.B. Ostereier im Hof suchen, gebratenen Reis kochen, tanzen und auch diverse Sportwettkämpfe. Das machte Spaß und war lustig. Es gab auch einen interessanten und einzigartigen Wettbewerb, nämlich das Radrennen: Gewinner ist derjenige, der als Letzter im Ziel ankommt. Dieses Rennen sieht komisch aus, weil die Radfahrer langsam in die Pedale treten, so dass einige fallen, weil sie das Gleichgewicht verlieren. Die Leute jubelten und lachten. Auch die Preise sind einzigartig. Der Gewinner des ersten Platzes erhält 5 Kilo Wassermelonen, der zweite eine Packung Nüsse und der dritte eine Flasche Mineralwasser. Interessant ist, dass jeder darum kämpft, Erster zu werden.
Der Beste zu sein ist jedermanns Traum. Champion zu werden ist das Ziel von Menschen. In allen Lebensbereichen. Wir haben gerade erlebt, wie sich Athleten bei den Olympischen Spielen in Tokio oder bei der Fußball-Europameisterschaft messen. Diejenigen, die Champions werden, werden belohnt, erhalten viele Vorteile und Beförderungen. Manche werden wie Helden begrüßt, wenn sie in ihre Heimatstädte zurückkehren. Einige wurden später Werbestars, deren Gesichter in vielen Zeitungen, Zeitschriften oder im Fernsehen auftauchten. All das bringt Ruhm und Reichtum. Verlieren ist dagegen peinlich. Die Trainer, die es nicht schafften, ihre Mannschaft zum Erfolg zu bringen, wurden von den Vereinschefs sofort entlassen. Spielern, die keine Medaillen mitbringen, werden ihre Verträge gekündigt. Eine Niederlage kann demütigend sein.
In Lukas 18,9-14 gibt es eine Geschichte, die von zwei Menschen handelt, einem Gewinner und einem Verlierer, die inmitten des sozialen Gefüges der jüdischen Gesellschaft des 1. Jahrhunderts lebten. Der Text lautet:
9 Er sagte aber zu einigen, die überzeugt waren, fromm und gerecht zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: 10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. 13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Auf der einen Seite erscheint ein Pharisäer, der von der Gesellschaft als ehrenhaft, gebildet und als fromme Persönlichkeit angesehen wird. Auf der anderen Seite steht ein Steuereintreiber, der als Volksverräter gilt, der mit den Römern kooperiert, mit der Kolonialmacht, die Gottes auserwähltes Volk und Land erobert und regiert.
Der fromme Mann behauptete, dass er alle religiösen Regeln befolgt hatte, einschließlich der Bereitstellung von Opfergaben, um die Verwaltung von Gottes Haus zu unterstützen. Natürlich ist in den Augen der Menschen alles, was er tut, gut und edel und vielleicht wird er von den Menschen um ihn herum respektiert. Dieser Mann war ein geistig arroganter Mann und erniedrigte sich, aber von sich selbst überzeugt stand er da.
Der Zöllner tat das Gegenteil: Er fürchtete sich zum Tempel Gottes zu kommen. Wer von der Gemeinde isoliert ist und sich fern von Gottes Liebe fühlt, betet nur: Gott, sei mir Sünder gnädig! Er kam kleinlaut in das Haus des Herrn. Er erkannte seine Sünde und Nachlässigkeit, er kam als jemand, der das Spiel verloren hatte ein guter Mensch zu sein.
Es gibt ein Sprichwort aus dem Alltag: Unsere Kerze wird nicht heller, wenn wir die Kerzen von anderen löschen. Die Welt wird dunkler, wenn nur unsere Kerzen angezündet sind.
Dies war die Schuld des Pharisäers in Jesu Gleichnis, weil er versuchte, sich durch die Herabwürdigung eines anderen aufzuwerten. Und das Unglückliche, das er tat, war, als er betete, der heiligste Moment, in dem jemand dem Richter gegenübersteht, der eine Person nicht nur nach seinen Handlungen, sondern auch nach seiner Haltung beurteilt, nach den Absichten, die in seinem Herzen verborgen sind.
Ein wichtiger Mensch zu sein ist gut, aber es ist wichtiger ein guter Mensch zu sein. Der Fehler des Pharisäers war, dass er sich nicht nur im täglichen Leben, sondern auch in den Angelegenheiten des Hauses Gottes als wichtig ansah. Und der Zöllner sah, dass er kein wichtiger Mensch war, sondern versuchte, ein guter Mensch zu sein, indem er seine Sünden bekannte und auf Gottes Barmherzigkeit hoffte.
Jesus beendet dieses Gleichnis mit dem Schlusssatz, dass Gott mit dem Zöllner zufrieden ist. Diese Aussage ist ein lautes Klopfen an unserer Herzenstür. Eine Erinnerung daran, immer auf Gottes Gnade und Liebe zu hoffen. Und wenn wir etwas getan haben, was wir für gut halten, tun wir es, weil wir zuvor Gottes Ansehen genossen haben.
Ihr
Pfarrer Albert Purba