An(ge)dacht am 12. Sonntag nach Trinitatis, den 22. August 2021

von Pfarrer Andreas Smidt-Schellong

Psalm:

6 Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.

7 Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes / und dein Recht wie die große Tiefe. Herr, du hilfst Menschen und Tieren. 8 Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! 9 Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. 10 Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.                                                                        Psalm 36, 6-10

Andacht

     Liebe Leserin und lieber Leser!

Die Sommerferien sind zu Ende. Vielleicht hatten Sie in den zurückliegenden Wochen Zeit zur Entspannung und Erholung, haben die Wärme oder an besonders heißen Tagen ein kühles Getränk im Schatten genossen?

Von Hitze und Durst handelt auch die folgende Begebenheit aus dem 2. Buch Mose: Die Wanderung des Gottesvolkes aus der Knechtschaft in Ägypten. Die Israeliten ziehen nach Kanaan, hinaus in die Freiheit.

22 Mose ließ die Israeliten vom Schilfmeer aufbrechen, und sie zogen zur Wüste Schur.

Sie wanderten drei Tage in der Wüste und fanden kein Wasser. 23 Da kamen sie nach Mara; aber sie konnten das Wasser von Mara nicht trinken, denn es war sehr bitter. Daher nannte man den Ort Mara, Bitter. 24 Da murrte das Volk gegen Mose und sprach: Was sollen wir trinken? 25 Mose schrie zu Gott, und Gott zeigte ihm ein Holz; das warf er ins Wasser, da wurde es süß.

27 Und sie kamen nach Elim; da waren zwölf Wasserquellen und siebzig Palmbäume. Und sie lager-ten sich dort am Wasser.    2. Mose 15, 22-24

Am Anfang steht das Murren, das Aufbegehren gegen einen bedrohlichen Zustand die Ungewissheit: Wie geht es weiter? „Sie waren drei Tage ohne Wasser.“ Das geht an die Substanz. „Was sollen wir trinken?“ bedrängen sie Mose. Ihr Murren ist so verständlich, so menschlich!

Es ist die Angst vor dem Verdursten, die Sorge und Ratlosigkeit, weil etwas Lebensnotwendiges fehlt.

Die Israeliten kommen nach Mara, aber dort ist das Wasser bitter und ungenießbar. Erst als Mose ein Stück Holz hineinwirft, verwandelt es sich in Süßwasser und sie können endlich den quälenden Durst löschen.

Gott sorgt für sie, erst recht in der Not. Der Ort Mara, Bitterwasser, der auf Neudeutsch symbolisch für „Null Perspektive!“ steht, wird durch Gottes Handeln zu einem lebenswerten Ort. Mara wird zu einer Quelle, wo Menschen ihren Durst auf Leben und Überleben stillen: Endlich gibt es genug Wasser und Gott in der Nähe, der diese Veränderung, diese Verwandlung des Wassers bewirkte durch das Holzstück in Moses Hand.

Im Prinzip können die Israeliten ab jetzt gut leben und sesshaft werden in Mara. Aber dies ist noch lange nicht das Ende der Wüstenwanderung, die größte Wegstrecke bis zum gelobten Land liegt noch vor ihnen.

Sie ziehen weiter und kommen nach Elim. „Dort waren 12 Wasserquellen und 70 Palmen, und sie lagerten dort am Wasser“ erfahren wir. Hört sich an wie ein paradiesischer Ort, wo es alles gibt: Genug Wasser, reichlich Schatten gegen die Hitze. Wir haben Bilder von einer Traum-Oase vor Augen.

Personen- und Ortsnamen sind in der Bibel von Bedeutung: Elim – das ist die Abkürzung von Elohim, der Gottesname im Alten Testament. Gott selber ist an diesem Ort, wo die Menschen wohlversorgt sind, wo sie ihren beschwerlichen Marsch unterbrechen und eine Pause einlegen. Gott selber ist da mit seinem Segen: In Form von 12 Wasserquellen und 70 Palmbäumen. Beide Zahlen stehen symbolisch für Fülle.

Hier 12 Söhne Jakobs bzw. die 12 Stämme Israels, oder 12 Jünger Jesu.

Dort „Unser Leben währet 70 Jahre…“. Oder die Prophezeiung „Wenn 70 Jahre voll sind, dann wird Gott sein Volk befreien aus der babylonischen Gefangenschaft.“ – Nicht zu vergessen der 7. Tag der Woche, der Sabbat: Wir sollen nach Gottes Willen um Gottes willen wohltuende Pausen einlegen, in denen wir das Gewohnte unterbrechen; um zur Ruhe und zu uns selbst zu kommen; um durchzuat-men, Kräfte zu sammeln, Stärkung zu finden für das, was danach folgt.

70 Palmbäume: Das ist Erholung. Dafür steht Elim, Elohim. Dafür steht Gott. Solche übergroße Fülle ist der Vorgeschmack auf den göttlichen Schalom!

Das Gebot, den Feiertag zu heiligen, ist dem entsprechend der Auftrag, nicht pausenlos und gedanken-los zu funktionieren, sondern diese Pausen zum Atemholen zu pflegen. Denn ohne Unterbrechung funktionieren sollen macht die Menschen krank und kaputt. Darum sollen wir diese Unterbrechungen einhalten. Als Zeit für uns und als Zeit für Gott, der uns das Leben schenkt – und auch die Zeit.

Gott macht es uns vor. Er selber ruht am 7. Tag von allen seinen Werken. Als krönender Abschluss der Schöpfungsgeschichte. Das sollen die Menschen nachahmen. Darum sollen wir diese Unterbrechung am Feiertag einhalten und wiederholen, jede Woche neu. Und wenn möglich, den Urlaub auch, die größeren Pausen.

Das tut gut. Denn Menschen brauchen Erholung. Und Wiederholung. Beides gehört eng zusammen.

Der katholische Theologe Johann Baptist Metz sagte einmal: „Urlaub und Unterbrechung sind die kürzeste Definition von Religion.“ Das bringt er schön auf den Punkt. Denn sein Satz hat tatsächlich diese religiöse Komponente: Du sollst den Feiertag als heiligen Bestandteil in dein Leben integrieren! Weil auch du Erholung brauchst. Und Wiederholung.

12 Wasserquellen, 70 Palmbäume, da ist Gott selbst: in Elim.

Ich wünsche uns, dass wir unsere freien Tage und Auszeiten einmal so betrachten und genießen. Und dann solche Orte wie Elim finden im eigenen Leben.

Falls Sie in Ihrer nächsten Auszeit am Sonntag einen Gottesdienst besuchen, mag das vielleicht zu dem Lob führen: „Danke, Gott! Heute geht’s mir gut. Es geht uns gut – mit dir.“

Amen.

Kanon-Strophe:

Lobe den Herrn, meine Seele, und seinen heiligen Namen.
Was er dir Gutes getan hat, Seele, vergiss es nicht, Amen.
Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele.
Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele
   EG-Ergänzungsheft Nr. 14

Gebet

Ewiger Gott, wir danken dir für diesen Tag und für alle Tage, an denen wir spüren können, wie schön das Leben ist.

Ich danke dir für die Wochen, die hinter uns liegen.

Für viele war es eine Zeit der Entspannung, der Erholung oder Wiederholung;

eine Zeit, in der wir zur Ruhe kamen und den Alltag vergessen konnten; eine Zeit für Pausen

und Unterbrechungen, in denen wir Neues erlebt und frische Kräfte gesammelt haben;

eine Zeit für Dinge, die unser Leben bereichern.

Ich bitte dich: Lass uns gestärkt weitergehen durch dieses Jahr.

Schenke uns Kraft für die Aufgaben, die vor uns liegen, und Durchhaltevermögen bei Herausforderungen, die unseren ganzen Einsatz fordern.

Schenke uns offene Augen und Ohren für die Menschen in unserer Nähe und in der Ferne,

die in Zeiten größter Not unsere Unterstützung und Solidarität brauchen.

Sei und bleibe bei uns, Gott, durch deinen lebendigen Geist.