An(ge)dacht zum Sonntag Sexagesimae, 04.02.2024

… denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig 2. Korinther 12, 9

In seinem Brief an die Korinther reagiert der Apostel Paulus auf Vorwürfe, die ihm von anderen hinsichtlich seiner Qualitäten als Apostel gemacht werden. Die Art und Weise wie er sich gegen diese Anwürfe zur Wehr setzt, ist schon bemerkenswert:  Er schreibt der Gemeinde von Korinth ganz offen von einem „Pfahl im Fleisch“, der ihn immer wieder dazu zwingt, seine Grenzen anzuerkennen. Dieses Gebrechen verhindert es, sich anderen überlegen zu fühlen. Denn er, Paulus, wird damit leben müssen, dass Menschen über ihn lachen oder ihn nicht ernst nehmen, wenn er stotternd das Evangelium verkündet.

Er wird auch weiterhin damit leben müssen, dass es epileptische Anfälle in seinem Leben geben wird, die ihn zu Boden reißen und denen er hilflos ausgeliefert ist. Er muss damit leben, dass auch er ein Mensch ist, dessen Kräfte begrenzt sind, der aufgrund dieser Schwachheiten nicht so kann, wie er möchte. Das ist eine bittere Erfahrung und gerade dann ganz besonders bitter, wenn man – wie der Paulus – erkennen muss, dass sich daran nichts ändern wird und man damit zu leben hat. Wie ist es nun möglich, dass der Paulus unter dieser Erfahrung nicht zusammenbricht und sich resigniert zurückzieht? Die Antwort auf diese Frage wird uns durch Christus selbst gegeben, der Paulus folgendes wissen lässt:

„Lass dir an meiner Gnade genügen. Denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

Lass dir an meiner Gnade genügen! Es soll die Gnade Christi genügen – und er soll darauf vertraut werden, das sie genügt. Wofür aber soll sie genügen?

Es geht ja um das Werk des Apostels: es geht darum, Gemeinde zu bauen und das Wachsen der Gemeinde zu befördern, damit sie so befähigt wird, Zeugin in der Welt zu sein für das Evangelium Jesu Christi. Paulus erlebt gerade hinsichtlich dieser Aufgabe seine Schwachheit, denn er erkennt hier in Korinth, dass seine Arbeit als Apostel nicht von Erfolg gekrönt ist. Diese Erfahrung hat ihn aber nun in eine bedeutsame und entlastende Erkenntnis geführt: Im Dienst am Evangelium braucht er sich dieser Schwachheit nicht zu schämen; er kann sogar darauf verzichten, sich den Anschein von Stärke zu geben. Er kann darauf verzichten mit den Qualitäten anderer zu konkurrieren. Er soll nur eines tun als ein Apostel Christi: Zeugnis ablegen. Und er muss sich keine Gedanken darüber machen, was bei seiner Arbeit herauskommen wird oder nicht, dafür ist nicht er verantwortlich.

Ihm ist durch dieses Wort Christi klargeworden, dass  Christus als der Herr der Gemeinde für den Erfolg seiner Arbeit selbst die Verantwortung übernehmen wird. Diese heilige höchst unverantwortliche Verantwortung hinsichtlich des Ertrages oder Erfolges seiner Arbeit ist die in seiner Schwachheit verborgene Kraft. Von keiner anderen Arbeit in unserer Welt ist so zu reden, kein Werk des Menschen lebt aus dieser Kraft.

Indem Christus als Herr der Gemeinde bekannt und bezeugt wird, indem man sich einzig und allein an ihn und an sein Wort hält, kann sich Paulus, können aber auch wir als christliche Gemeinde uns ganz sorglos und mit Heiterkeit diesem Dienst hingeben und gerade darin gewiss sein, dass in uns die heimliche aber in ihrer Heimlichkeit unheimliche Kraft Christi wirkt.

Amen

Ihre Pfarrerin G. Steinmeier