Angedacht zum Sonntag Rogate

1 Timotheus 2,1-6a

Bete und Arbeite

            Der heutige Sonntag ist Rogate genannt, dann steht “das Beten” im Mittekpunkt des kirchlichen Themas. Wir sind eingeladen zu beten, laut oder leise, gemeinsam oder allein. Wir sind eingeladen, unser Herz zu Gott zu richten, weil wir glauben, dass er unsere Gebete und Fürbitten hört. Gott ist ansprechbar, deshalb stellen wir uns in einer Beziehung zu Gott, der mit jedem Menschen ins Gespräch kommen will.  Er ist kein unergründliches Schweigen, sondern der Grund des Lebens, deshalb feiern wir den Sonntag Rogate, damit wir im lebendigen Gespräch mit dem unsichtbaren Gott bleiben. Aber Prof. Hans-Martin Lübking, ein deutscher Pfarrer und Autor schrieb, wie das Gebet und Beten ein Tabuthema in unserer Gesellschaft geworden ist. Er stellte dar, wie die Menschen in dieser Zeit, also in unserer aufgeklärten Gemeinsachaft, das Beten nicht schätzen. Er schrieb:

            Im öfflichen Raum hat das Beten keinen Platz. Ein laut gesprochenes Tischgebet in einem Restaurant wirkt peinlich. Wer betet, tut es heimlich und spricht nicht darüber. Über alles kann man heute in der Öffentlichkeit reden – über Sexualität, Verbrechen, eigene Fehler, aber nicht über das eigene Gebet. Ist Beten ein Zeichen von Schwäche?

            Im 1 Timotheusbrief 2,1-6a  beschäftigt sich Paulus mit diesem Thema, und seine Ermahnung ist noch relevant in unserer Zeit. Der Text lautet:

1 So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, 2 für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. 3 Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, 4 welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. 5 Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, 6 der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle, als Zeugnis zur rechten Zeit.

Der Verfasser dieses Briefes hat für die Christen und Christinnen eine Anleitung zum Beten geschrieben, obwohl sie nur eine kleine Gruppe waren, und lebten in einer Gesselschaft, in der die Mehrheit keine Christen waren. Als Jesu Nachfolger sind sie eingeladen worden, ihren Glauben und ihre soziale Verantwortung zu zeigen, weil ein Christ nicht ausserhalb der Gesellschaft lebt, sondern mit anderen Menschen, die eine Gesellschaft mitbilden und mitprägen. Durch das Gebet oder Fürbittengebet bestätigen wir, dass wir in diesem Leben nicht allein sind, sondern wir leben mit unseren Mitmenschen, und gemeinsam gehören wir dem selben Gott und Schöpfer. Wenn wir beten, drücken wir unsere Ängste, Erfahrungen und Sorgen aus, und wissen, dass wir bald oder später eine Lösung finden werden. Aber wenn wir Freude haben, sollten wir sie auch nicht allein genießen.

Aber kann das Gebet die Welt verändern? Wie wirksam ist das Gebet? Kann das Gebet die politische Situation verändern und neu machen? In dieser Zeit stehen viele Bedrohungen vor uns, viele Gefahren lauern vor der Tür, und manchmal sind wir verzweifelt, wenn wir Fernsehen oder Radio hören oder Zeitungen und Zeitschriften lesen. Ist die Welt noch zu ändern? Fragen wir uns.

Der Theologe, Albert Schweitzer hat es auf den Punkt gebracht, wie Gebete eine Veränderung bewirken können. Er sagte: Gebete ändern nicht die Welt. Aber Gebete ändern die Menschen. Und  Menschen ändern die Welt.  Diese Behauptung war und ist noch heute wahr. Viele unter uns haben gesehen oder sogar miterlebt, wie man für die Einheit des gespaltenen Deutschlands gekämpft hat.

Alles hat mit Friedensgebeten in den überfüllten Leipziger Kirchen angefangen. Die Menschen oder die Demonstranten protestierten friedlich mit den Gebeten, Transparenten und Kerzen. Sie hingen gewaltfrei zusammen. Zu der Zeit konnte sich niemand vorstellen, was passieren würde, wenn man sich gegen die komunistische Regierung und Macht stellt. Aber es gelang ihnen, und schließlich erhielten sie, wonach sie verlangten und begehrten, und zwar die Veränderung und Freiheit. Nachdem zehntausende Menschen sich versammelt und gebetet hatten, veränderte sich die Lebenseinstellung und die Lebenspraxis.

Das Gebet ist kein politisches Mittel, aber ein Gebet kann Politiker und Politikerinnen verändern. In unserer Zeit, in unserer heutigen Situation, ist es nicht vergeblich ein Gebet zu sprechen. Wir beten für die Machthaber und alle Obrigkeit, für die Abgeordneten und Politiker, damit sie nicht nur an die nächste Wahl denken, sondern an die Verbesserung unseres Ausbildungs- und Gesundheitssytems. Wir beten nicht zu ihnen aber für sie, damit sie die Macht nicht als Ziel setzen, sondern als Mittel das  Gute zu verwirklichen.

Der Apostel Paulus ermahnt uns auch,  dass wir für alle Menschen beten, damit wir ein stilles und gutes Leben führen können. Das bedeutet, dass wir nicht nur an uns denken, sondern auch an alle Menscheit. Martin Luther schrieb:

Darum heißt die Kirche auch ein Bethaus, weil wir dort wegen unserer und aller Menschen Nöte Gott um Gnade anrufen. Das muss aber mit herzlicher Bewegung und Ernst geschehen, damit uns aller Menschen Nöte zu Herzen gehen, sodass wir in wahrhaftigem Mitleiden für sie im rechten Glauben und Vertrauen bitten. Und wenn solches Gebet im Gottesdienst keinen Raum findet, so wäre es besser, den ganzen Gottesdienst ausfallen zu lassen.

Diese Botschaft ist im Einklang mit der Ermahnung des Propheten Jeremia, der in seinem Brief an die Israeliten, die in Babel waren, schrieb: Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.

Lasst uns beten, damit wir alle zusammen am Wohlstand teilhaben können, und wenn er jemandem noch fehlt, versuchen wir zu teilen, damit unsere Gebete nicht nur leere Worte sind, sondern gute Werke. Ora et Labora! Amen!

Ihr Pfr.Albert Purba

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