An(ge)dacht zum Sonntag Quasimodogeniti am 16.4.2023

Trotz allem gesegnet!

Christinnen und Christen sind alle gesegnet. In der Taufe ist uns der Segen unter Handauflegung zugesprochen worden. Aus vielerlei Anlässen gab es erneut den Segen für uns. Vielleicht haben die Eltern uns gesegnet. Auch bei der Konfirmation und der Trauung wird der Segen unter Handauflegung persönlich zugesprochen. Vielleicht gab es auch noch andere Anlässe des persönlichen Segens bei Ihnen. Und schließlich werden wir, wenn auch nicht einzeln, in jedem Gottesdienst gesegnet. Eigentlich haben wir also keinen Grund, von Gott einen besonderen Segen zu erbitten.

Sah das bei Jakob denn anders aus, dass er mit dem Mann am Jabbok (1. Mose 32,23-32) so um den Segen ringt?

Jakob wurde als Kind von seiner Mutter gegenüber seinem Bruder Esau bevorzugt. Bei seinem Vater war es genau umgekehrt. Von seinem Bruder erschleicht sich Jakob das Erstgeborenenrecht. Und schließlich betuppt er seinen Bruder um den besonderen Segen des Vaters, als Jakob auf Betreiben und mit Hilfe seiner Mutter den Vater hinters Licht führt. Dieser verspricht Jakob in seinem Segen so viel, dass für Esau eigentlich nichts mehr übrig bleibt. Jakob ist gesegnet, aber Esau ist so sauer, dass Jakob fliehen muss. Allein ist er unterwegs. Und bei der nächtlichen Rast, darf er, der gesegnete Betrüger, die Himmelsleiter schauen. Er sieht die Engel herab- und hinaufsteigen. Er schaut Gott am Ende der Leiter, der zu ihm spricht und ihn erneut segnet. Er verspricht Jakob zu einem großen Volk zu machen und ihn auf allen seinen Wegen zu begleiten.

Jakob zieht unter diesem Segen nach Haran, um sich eine Frau zu nehmen. Auf den ersten Blick verliebt er sich in Rahel, die Tochter seines Onkels, des Bruders seiner Mutter. Da er als Flüchtling das Brautgeld nicht zahlen kann, arbeitet er bei seinem Onkel sieben Jahre, um Rahel heiraten zu können. Aber sein Onkel schiebt ihm am Hochzeitstag die falsche Tochter unter, so dass er, um Rahel heiraten zu dürfen, noch einmal sieben Jahre arbeiten muss. Der Betrüger wird hier betrogen. Und außer seinen zwei Frauen besitzt Jakob nichts.

Also kommt es zum Deal mit Laban, dass die reinfarbigen Schafe und Ziegen, also die Besseren Laban und die Gefleckten Jakob gehören sollen. Mit Tricks schafft Jakob, dass er immer mehr und Laban immer weniger Tiere hat. Und als Laban darüber sauer ist, muss Jakob erneut fliehen. Diesmal allerdings mit seiner großen Familie und als reicher Mann mit vielen Tieren. Laban stellt ihm nach, aber Gott verpflichtet Laban, zu Jakob freundlich zu sein. Schließlich schließen beide vor Gott einen Nichtangriffspakt.

Jakob, der mit allen Tricks arbeitet und ein richtiges Schlitzohr ist, kann also deutlich sehen und spüren, wie Gott ihn begleitet. Er nimmt mehr, als wir es wahrscheinlich tun, Gottes Segen in seinem Leben wahr.

Und nun bereitet Jakob sich vor, seinem Bruder Esau zu begegnen. Er weiß nicht, ob dieser sich immer noch rächen will. Denkbar ist es, immerhin ist nichts bisher geklärt und gerade in Familien können solche Konflikte lange andauern. So schickt Jakob Boten mit Friedensbotschaften voraus, die aber bei ihrer Rückkehr nur von der Mobilisierung auf Esaus Seite berichten können. Jakob erinnert Gott an sein Versprechen und seinen Segen. Er teilt sein Hab und Gut auf und schickt es portionsweise seinem Bruder entgegen. Schließlich bringt er seine Familie über den Jabbok und bleibt alleine zurück.

Da greift ihn ein unbekannter Mann an und ringt mit ihm. Es ist letztlich unklar, wer das ist. Ist es ein Bote Gottes oder gar Gott selbst? Auch auf Nachfragen verrät der andere Jakob seinen Namen nicht, so dass eine eindeutige Identifizierung nicht möglich ist. Das gesegnete Schlitzohr Jakob kämpft vielleicht mit dem inneren Schweinehund. Vielleicht ist es aber auch die wütende Seite Gottes, die eben all diese Betrügereien nicht will. Es ist zugleich ein Ringen mit sich selbst und mit Gott.

Und genau das kennen wir auch. Wer von uns könnte denn schon behaupten, nie zu unserem wirtschaftlichen Vorteil gegen Gottes Gebot verstoßen zu haben. Und wenn uns das bewusst wird, dann ringen wir mit uns selbst und mit Gott. Wir suchen nach Lösungen und Perspektiven. Wir erhoffen neuen Segen für unsere neuen Wege.

Der, mit dem Jakob ringt, schlägt ihn auf die Hüfte, so dass diese ausgerenkt wird. Und Jakob hat den anderen fest im Griff, so dass dieser nicht fliehen kann. Jakob stellt den erneuten Segen als Bedingung für das Loslassen. Und er wird erneut gesegnet, wie auch wir immer wieder neu gesegnet werden.

Ich wünsche Ihnen den Segen Gottes für Ihre Wege!
Ihr Pfarrer Johannes Beer