An(ge)dacht zum Sonntag 31.07.2022

Glauben und Vertrauen

Wir haben uns lange nicht gesehen / Sechs Vollmonde sind schon vergangen / Aber du bist bisher noch nicht zurückgekommen / Ich warte darauf mein Lieber, bis du zu Hause wieder zu sein / Nachtsüber singe ich dir ein Wiegendlied / Ich hoffe, dass du wohlbefindest, egal wo du dich befindest….

Das obige Gedicht ist Teil eines Liedes, das beim Karovolk, aus dem ich komme, ein sehr berühmtes Lied ist. Der Titel ist: Keri Bengkuang (Deutsch: Schraubenbaum ist schon weg). “Schraubenbaum” (Latein: Pandanus utilis) ist eine Pflanze, aus der man eine Matte weben oder flechten kann. Dieses Lied erzählt die Geschichte einer Frau, die auf ihren Mann wartet, der noch nicht zurückgekommen ist, obwohl sechs Vollmonde schon vergangen sind. Mit Liebe und Hoffnung wartet diese Frau Tag und Nacht. Meine Geschichtslehrerin erzählte uns einmal die traurige Geschichte dieses Liedes, warum es geschrieben wurde und was der Hintergrund ist.

Dieses Lied ist geschrieben und komponiert worden, als unser Land im Umbruch und Unruhe war. Diese Zeit nennen wir Sozial Revolution. Viele Menschen sind getötet worden, insbesonder die, die aus den adeligen Familien stammten oder in der kommunistischen Partei waren. Ihre Körper sind einfach in den Fluss geworfen oder im Wald begraben worden. Dieses Lied beschreibt, wie eine Frau eines Tages eine Matte aus “Bengkuang” (Schraubenbaum/Pandanus) webt. Plötzlich kamen viele Männer, die ihren Mann abholten. Sie weinte und schrie, aber ihr Mann sagte, dass er bald zurückkommen würde. Noch bevor die Matte fertig ist, würde er schon wieder dasein. Aber nun ist der Bengkuang schon fertig, aber der Gewartete kommt nicht zurück. Vielleicht wurde er schon getötet wie die anderen, und sein Körper wurde woanders begraben oder ins Wasser geworfen.

Diese Frau war ein starker und treuer Mensch. Sogar in einer Zeit der Ungewissheit und im Umbruch, versuchte sie Kraft zu sammeln, damit ihr Leben nicht zusammenbrach. Sie hatte keine Matte mehr zu weben; keinen Bengkuang mehr zu flechten. Aber sie hatte noch Treue ohne Ende, weil sie eine starke Hoffnung hatte. Sie glaubte, dass vorne etwas Gutes liegt, und hoffte darauf, dass ihr Mann wieder kommt, wenn die Felder bereit sind, darauf Paddy anzupflanzen.

Hoffnung, Glaube und Vertrauen sind diejenigen, mit denen eine Person der ungewissen Zukunft entgegen gehen kann. Das war auch bei Abram so, der Gottes Verheißung bekam. In 1. Mose 12,1-4 wurde geschrieben:

1 Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. 2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. 3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. 4 Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot zog mit ihm. Abram aber war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.

Ein Versprechen von jemandem zu bekommen, dem wir vertrauen, bringt Freude und macht Spaß. Dieses Versprechen erweckt Hoffnung, und auf diese Hoffnung werden wir immer warten, bis wir das verheißene bekommen oder erleben. Abram bekam auch eine Verheißung, die von Gott unter einer Bedingung versprochen wurde. Damit diese Verheißung in Erfüllung gehen konnte, musste aber Abram seine Komfort-Zone verlassen. Seine Entscheidung ist bestimmt ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, weil das Umziehen oder Wegziehen in ein fremdes Land eine gefährliche Aktion gewesen ist. Man konnte wegen der fremdenfeindlichen Einstellung des einheimmischen Volkes getötet werden. Sein Leben war nicht in Sicherheit sondern er war ständig in Lebensgefahr.

Abram aber vertraute, er verließ sein gewohntes Leben und überließ Gott sein Schicksal. Es gab keinen Grund zu dieser Aktion, aber er hatte Glauben und Vertrauen. Er war schon 70 Jahre alt. Obwohl er ein reicher Mann war, hatte er keine Nachkommen. Abram hatte lange darauf gehofft.   Gottes Verheißung oder genauer gesagt seine Berufung weckte seine Hoffnung neu, er hatte keine Wahl sondern bejahte. Er verließ sein Volk, seine Heimat und seine Verwandten, wo er sich bislang wohlgefühlt hatte. Aber die Berufung war so stark, er war so begeistert, und machte sich auf den Weg. Der alte Abram bekam das Versprechen, dass er Vater und Begründer eines großen Volkes sein würde. Wie wird es wahr werde? Er hatte keine Ahnung.

Er hatte nur den Glauben, dass Gott sein Versprechen wahrmachen würde. “Der Glaube” ist das Schlüsselwort dieser Geschichte. Man kann nicht Gottes Verheißung verifizieren, aber mit seinem Gewissen kann man sie ernst nehmen. Der Glaube an Gott gibt uns Kraft, mit der Ungewissheit umzugehen, sogar Leiden und schwere Lasten zu tragen. Der Glaube erweckt auch Hoffnung und Liebe, und wenn man diese hat, wird man auf dem richtigen Weg laufen, sowie Abram, der von Gott an der Hand geführt wurde, das Ziel seines Lebens zu erreichen. Lasst uns zu Gott beten, und beten auch für unsere Mitmenschen, die momentan schwere Lasten tragen müssen, damit sie ihren Glauben und die Hoffnung nicht verlieren. Lasst uns lieben, damit wir etwas Kleines teilen können, bis wir alle gemeinsam erfahren, dass wir von Gott ins verheißene Land geführt werden.

Ihr Pfarrer
Albert Purba

Abbildung : https://www.blogsiswa.com/tikar-pandan-buatan-nenekku.html