Von und mit Pfr. Andreas Smidt-Schellong, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Herford-Mitte
Ist es denn zu packen?
In der Rubrik „Das Streiflicht“ war vor einigen Wochen in der Süddeutschen Zeitung folgende augenzwinkernde Abhandlung zu lesen:
„Es ist vollkommen klar, dass wir das Coronavirus in den Griff bekommen müssen. Andererseits ist es bisher unsichtbar geblieben, und krieg mal bitte etwas Unsichtbares in den Griff.“ Weder hat es ein Handgelenk noch einen Ärmel noch ein Schlafittchen, an dem wir es packen könnten. Nach Auskunft der Forscher hat das Virus vielmehr einen Kronenkranz. „An der Krone wurde auch selten ein Monarch gepackt. Eher geschah es umgekehrt, so wie beim Kaiser Napoleon, welcher sich 1804 die Krone aus der Hand des Papstes, Pius VII., gepackt und selbst auf den Kopf gesetzt hat.“
Zugegeben: Mit diesen sprachlichen Kapriolen kommen wir keinen Schritt weiter. Denn das Riskante bei solchen Greifversuchen in die Vergangenheit, um das Virus zu packen, zu bannen, bleibt am Ende: „Sobald wir es in den Griff bekommen, laufen wir Gefahr, uns das Virus einzuhandeln.“ Denn wer weiß schon, auf welchem Griff es sich gerade herumtreibt? Wir benötigen also „etwas Griffiges, um die Sache in den Griff zu bekommen.“
„Es müsste eigentlich das Ziel sein, dass die allgemeine Verständigung auf Hygiene und Abstand irgendwann beim Virus selbst ankommt. Wenn ein Virus über einen langen Zeitraum spürt, dass es im sozialen Raum unerwünscht ist, wird es sich für immer zurückziehen, sagt der Charité-Virologe Christian Drosten in seiner griffigen Prosa. Jedenfalls wünschen wir uns, er würde das sagen.“
Die gemeinsame Hoffnung auf solche Sensibilität bei der Wahrung von Anstand teilen der nicht namentlich genannte SZ-Redakteur und
Ihr Pfarrer Andreas Smidt-Schellong.