Matthäus 21,9-11
Hosiana! Herr erlöse uns!
Als Papst Franziskus letzten September nach Indonesien kam, wurden Fähnchen, Musik, Lieder und Tänze zum Einsatz gebracht, um zu zeigen, wie groß die Freude ist, die dieser Besuch mitbringt. Obwohl die Zahl der Katholiken nur 3,5 % der gesammten Bevölkerung ausmacht, war die Stimmung groß und feierlich. Der Papst hielt eine wichtige Botschaft, und zwar Frieden und Religionsfreiheit. Dieser Geistliche ist zwar hochbetagt und aus gesundheitlicher Sicht gebrechlich; er ist sogar auf die Hilfe seiner Assistenten angewiesen, jedoch hat er die an der Straße stehenden Kinder empfangen, umarmt und geküsst. Er konnte kaum stehen und saß immer in seinem Rohlstuhl, und das wichtigste war, dass er ablehnte, mit einem teuren Auto zu fahren. Für uns in Indonesien, war das ein Vorbild und eine harter Kritik an die Menschen, sowohl die Anführer als auch Politiker, die ohne zu zögern, korupt sind.
Dieses Ereignis steht mir immer noch vor Augen und es berührt mich, weil es einen unvergesslichen Eindruck hinterließ; deshalb wünsche wir uns Indonesier, so ähnlicher Führer, damit wir am Wohlstand teilhaben können. Dieses Ereignis spiegelt den Einzug Jesu wieder, als er nach Jerusalem kam, und viele Menschen kamen ihm entgegen, um zu zeigen, wie groß die Sehsucht nach der Erlösung war. Das Volk Israel hatte schon längst kein Königreich mehr, nachdem Nebukadnezar, der König von Babylon, dieses Land erobert hatte. Es wurde immer wieder von anderen politischen Systemen erobert und zurückgewonnen. Zur Zeit Jesu war das Volk unter der römischen Besatzungsmacht und die Priesterschaft waren eher als Kollaborateure dieses Machtsystems, infolgedessen gab es immer Menschen, die Widerstand und Aufruhr verüben wollten. Im Matthäusevangelium 21, 9-11 wird berichtet:
9 Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! 10 Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und sprach: Wer ist der? 11 Das Volk aber sprach: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa.
Als ich diese Geschichte las, kam mir die Geschichte des Rattenfängers von Hameln in den Sinn, der die Befreiung versprach, und er gab den Einwohnern der Stadt die Hoffnung, dass die quälenden Tage bald vorbei sein werden. So auch dieser Jesus, der ein eloquenter Prediger ist, und seine Worte klingen wie betörende Musik. Er kam in die Davidstadt und er brachte eine große Freude mit, deswegen riefen die Menschen, „Hosiana!“ das bedeutet so viel wie: ,,Herr erlöse uns!“ Dieser Ruf hat für sie sowohl religiöse als auch politische Bedeutung, weil sie die große Last und Unterdrückung nicht mehr tragen konnten. Das Leben unter einer fremden Regierung ist kein würdiges Leben, weil ihnen das Selbsbestimmungsrecht genommen wurde, obwohl sie auf ihrem eigenen Land wohnten. Sie sehnten sich nach Befreiung, und sie fragten sich immer, wann wird Gott sein Versprechen wahr werden lassen. An diesem Tag gingen diese Leute das Risiko ein, die römischen Soldaten könnten ihren Jubel als Rebellion betrachten.
Jesu Einzug erzeugte eine feierliche Stimmung, deshalb hackten sie Zweige von den Bäumen und zogen ihre Mäntel aus, als wären sie rote Teppiche, um zu zeigen, wie groß die Ehre ist. Die religiösen Menschen deuteten diese Begebenheit, dass die Prophezeihung des Propheten in Erfüllung gehen würde, und Gott hält sein gegebenes Versprechen. Diese einfachen Menschen waren begeistert und überzeugt, das Kommen des Heils zu erleben.
Im Gegenzug zu den Gewohnheiten der Sieger und Erober kam Jesus auf einer Esselin, also einem Lastier der Machtlosen. Er verzichtete darauf, die große Schar von dem Rücken eines Rosses zu begrüßen. Anstelle des Luxus und des prachtvollen Einmarsches zeigte er die Bescheidenheit. Ohne Schwert, Speer und Fähnchen oder militärische Ausrüstung zog er in die Stadt. Sein Aussehen war total anders, nicht wie Herodes, der herrschende König der Provinz Judäas, oder Pontius Pilatus, der von dem römischen Kaiserreich in Palästina beauftragte Gouverneur.
Der Einzug Jesu erregte auch zugleich Fragen und Aufregung unter dem Volk. Sie fragten sich, wer ist der Kommende? Was bedeutet alldies? Vielleicht hatten die Einwohner von Jerusalem dieses Drama satt, weil es immer wieder Menschen gab, die behauptet hatten, dass sie die Befreiung bringen könnten und das goldenen Zeitalter wieder erlebbar wird, jedoch scheiterten sie, weil die römische Besatzungsmacht jeden Befreiungsversuch mit Gewalt, Ermördung und Beschlagnahmen unterdrückte. Das Volk hatte keinen Mut und keine Kraft mehr, so eine Revolution zu machen, weil das zu riskant war. Sie standen in zwei Fronten, sowohl zwischen Freude und Angst, wie Hoffnung und Zweifel.
Die Erinnerung an die Vergangenheit quälte diese Menschen, weil sie sich danach sehnten, einen König wie David oder Salomo zu haben, der das von Gott geschenkte Land befreien und heiligen kann. Als sie die Geschichte von Jesus hörten, weckte die Hoffnung in ihrem Herzen. Der aus der Provinz stammenden Prophet hat eine große Anziehungskraft, und laut der Gerüchte kann er Wunder tun. Was er tat, hatte keine Absicht außer dem Wohlergehen des Volkes. Er verwandelte einmal Wasser zu Wein und machte sogar den toten Lazarus lebendig. In Jesus sahen die Bewohner von Jerusalem das Kommen Gottes und dass sie bald die Befreiung erleben würden.
Heute fängt wieder das neue Kirchenjahr an, der erste Advent gibt uns die Gelegenheit auf unsere christliche Hoffnung und Erwartungen zu besinnen. Unsere Stadt ist wie alle anderen voll mit Bäumen und Lichtern, und viele Menschen sagen, dass Advent die schönste Zeit des Jahres ist. Es gibt da und dort im Weihnachtsmarkt Leckeres zu essen, es ist Zeit sich zu verwöhnen und sich Gutes zu gönnen. Der Höhepunkt wartet noch am Heiligabend. Das Lied ,,Tochter Zion“ wird in vieler Munde sein, es ist eine Einladung Gottes, damit die Christenmenschen nicht hinter der Mauer der Hoffnungslossigkeit stehen bleiben. Dieses Lied erinnert uns daran, dass die dunkle Seite des Lebens nicht ewig ist, weil Gott das Licht durch Jesus in die Welt kommen lässt.
Advent ist Zeit zu beten, damit die kalten Herzen die Wärme von Liebe erhalten und erleben, sodass die Verzweiflung und Besorgnis überwunden werden kann. Advent ist Zeit zu besinnen, was wichtig und nötwendig ist, weil wir ohne die Erneuerung im Todesreich bleiben würden. Werden wir Gottes Advent in unserer Stadt, unserer Kirche und in unserem Leben sowie in der Politik und der Wirtschaft wirken lassen? Advent ist die Zeit der Barmherzigkeit, und alle sind berechtigt ein Geschenk zu bekommen, und zwar: Leben mit Würde, Gerechtigkeit und Frieden.
Ihr Pfarrrer Albert Purba
Abbildung : ,,Jesu Einzug in die Stadt Jerusalem“ auf dem Boden der Sagrada Familia, Barcelona, Spanien