An(ge)dacht zum Sonntag Sexagesimae (12.02.2023)

Sie kennen bestimmt das Gleichnis vom Sämann, das im Lukas Evangelium (Lukas 8, 4- 12) überliefert wird.

Nachdem Christus Menschen dieses Gleichnis erzählte, kam es zu einer interessanten und gleichzeitig sehr traurigen Trennung zwischen den Hörenden. Denn es gab etliche, die, nachdem sie es gehört hatten, weggingen. Andere hingegen kamen auf ihn zu und fragten nach der Bedeutung des Gleichnisses. Ein unterschiedlicher Umgang mit dem Wort wird uns in diesem Evangelium beschrieben.

Das ist doch eigenartig – so war mein Eindruck. Und ich habe mir Gedanken gemacht, wieso es zu diesen unterschiedlichen Reaktionen kommen konnte. Zunächst habe ich mich mit denjenigen beschäftigt, die keine weiteren Fragen an ihn hatten. Wie haben sie seine Worte gehört? Könnte es sein, dass diejenigen, die nicht weiter nachfragten, meinten zu wissen, wovon er gesprochen hat? Und sie es deswegen nicht für notwendig hielten, weiter nachzufragen?

Oder aber könnte es sein, dass sie ein Urteil über seine Worte gefielen? Ein Urteil das zustande gekommen war aufgrund der Bedeutung, die sie in seine Worte legten? Ein Urteil, welches dazu führt, sich nicht weiter mit diesem Wort auseinandersetzen? Was hatten sie gehört, dass sie nach seiner Rede weggingen?

Der weitere Verlauf zeigt mir, dass es höchst riskant sein kann, diese Haltungen gegenüber dem Wort Christi einzunehmen. Ich höre seine Warnung. Sie lautet: Es kann sein, dass dein vorschnelles Urteil über mein Wort dazu führt, dass du nicht in die Tiefe der Bedeutung meines Wortes eindringst, sodass du etwas für dein Leben Wesentliches verlierst.

Und nun richte ich meinen Blick auf die anderen, die zu ihm gingen und ihn nach der Bedeutung des Gleichnisses fragten. Durch das Hören auf sein Wort waren bei ihnen Fragen entstanden. Und diese Fragen nahmen sie ernst und gingen ihnen nach. Denn sein Wort wirft Fragen auf. Es stellt etwas in Frage.

Und zu denen sagte er: Euch, die ihr Euch durch mein Wort befragen lasst und euch nicht damit begnügt bei euren Fragen zu bleiben, sondern weiter das Gespräch mit mir sucht: Ihr seid diejenigen, die das Geheimnis des Reiches verstehen werdet. Die anderen haben sich dagegen entschieden. Ich habe es zu ihnen genauso wie zu euch gesprochen. In meinem Wort habe ich keine Unterscheidung gemacht.

Liebe Leserin und lieber Leser!

Eines ist mir durch dieses Evangelium deutlich geworden: Es genügt nicht, sich einfach hinzustellen und zuzuhören. Wenn ich nicht bereit bin, mich mit diesem Wort auseinanderzusetzen, dann verstehe ich gar nichts. Wenn ich nicht bereit bin, mich in Frage stellen zu lassen, verstehe ich gar nichts. Dann wird mir dieses Wort nichts zu sagen haben. Wenn mir aber sein Wort nichts gesagt hat, dann habe ich Ihn nicht gehört. Wenn ich unberührt wieder weggehe, dann habe ich Ihn nicht gehört. Wenn ich meine, dieses Wort hat keine Bedeutung für mein Leben und mein Sterben, dann habe ich Ihn nicht gehört. Dann habe ich mich aber laut dieses Wortes um alles in meinem Leben gebracht.

Amen

Pfarrerin Gabriele Steinmeier