An(ge)dacht zum 19. Sonntag nach Trinitatis am 23.10. 2022

Hilf mir, Gott!

Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen! (Jer 17,14)
So ruft der Prophet Jeremia in großer Not. Es macht Jeremia schwer zu schaffen, dass das Volk Israel sich von Gott abwendet, um eigene Wege zu gehen. Er ist hin- und hergerissen. Er sieht, dass sich seine Prophezeiungen nicht erfüllen. Die Katastrophe, die er in Gottes Auftrag angekündigt hat, bleibt aus. Jeremia wird deswegen verspottet, man lacht über ihn und er wird bedroht, weil er auf einmal als falscher Prophet gilt.
Jeremia fühlt sich verletzt. Er hat Angst, Angst vor dem Volk, aber auch Angst, Gott könne nicht zu seinem Wort stehen. Er will dem Volk klarmachen, dass seine wenig rosige politische Situation mit seinem Verhalten Gott gegenüber zu tun hat und dass es mit dem Schlimmsten rechnen muss. Doch seine Warnungen und seine Gerichtsandrohungen will niemand hören.
Jeremia leidet an seinem Volk, aber er leidet auch darunter, dass Gott ihm so viel zumutet. Und als dann auch noch Spötter kommen und ihm vorwerfen: „Wo bleibt denn das Unglück, das der Herr angedroht hat? Es soll doch kommen!“ Da ist er am Ende seiner Kraft.
Jeremia spricht mit Gott über seine Ängste, seine Wut, seine Überforderung. Er ist sicher: Nur Gott kann seine Verletzungen heilen, nur Gott kann ihm jetzt helfen und er bittet: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen!

In wie vielen Situationen könnte das auch mein Hilfeschrei an Gott sein! Ich erlebe, wie Dinge mich überfordern. Ich erlebe seelische Verletzungen, Vorwürfe, Anfeindungen. Ich erlebe Krankheit und Schmerz. Ich habe Angst oder Wut und weiß nicht, damit fertig zu werden. Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen! So spreche ich zu Gott und vertraue darauf, dass Gott hilft.

Ich weiß, Gott heilt nicht jedes Gebrechen, Gott nimmt nicht jeden Schmerz. Nicht alles, was überfordert, was Druck macht, nimmt Gott sofort weg. Aber ich weiß auch, Gott kennt mich sehr genau und nimmt mich genau wahr. So wie es Jesus macht, wenn er Kranke heilt. Jesus tritt in engen Kontakt zu dem, der seine Hilfe braucht. Er hat dabei die körperliche und die seelische Not im Blick und macht immer den ganzen Menschen heil, denn körperliche und seelische Not sind eng miteinander verbunden.
Wenn Gott sich meiner Not annimmt, dann legt er seinen Segen auf mich. In und mit mir geschieht etwas, es verändert sich etwas in mir. Und ich spüre, dass ich mit Dingen fertig werde, die mir zuvor noch eine schwere Last waren. Gott hilft mir auch, dass ich mich selbst akzeptieren kann.
Das kann so weit gehen, dass ich eine Krankheit annehmen kann, auch wenn ich weiß, dass ich nie mehr gesund werde. Ich kann ein ausgeglichener, positiver und zufriedener Mensch sein trotz aller Probleme in meinem Leben. Ich muss nicht an Herausforderungen zerbrechen, weil ich spüre, ich habe Hilfe an meiner Seite. Gott ist meine Hilfe und mein Halt. Gott macht mich heil.
Heil sein heißt, Gott macht meine Seele heil. Gott spricht mir zu: Du bist heil, du bist gesegnet. Nimm gelassen dein Leben an. Lebe mit innerem Frieden und sieh und genieße, was dir an Gutem geschenkt ist!

Hilf du mir, Herr, dann ist mir geholfen! Wie Jeremia ruf ich zu Gott, denn ich brauche Hilfe. Gott weiß, wo Hilfe nötig ist. Alles, was quält, was Sorgen macht, sei es die Gesundheit, sei es Angst um die Familie, sei es die Furcht um den Frieden in der Welt und wie wir durch den Winter kommen, alles hat Gott im Blick.
Ich will mich darauf verlassen, dass Gott Hilfe schickt. Er schickt sie vielleicht nicht gleich, und er schickt sie vielleicht anders als ich es erwarte. Die Hilfe kann sehr unterschiedlich aussehen und sie kann vielleicht nicht einmal auf Anhieb als Hilfe erkannt werden. Doch Gott weiß doch, was gut für mich ist. Vielleicht schickt Gott mir Menschen, die mir Wege zeigen, wenn alles ausweglos scheint, Menschen, die zuhören oder zufassen, Menschen, die für mich beten und mir Mut machen.
Vielleicht sieht Gottes Hilfe aber auch ganz anders aus: Neue kreative Ideen führen zu Lösungen, mit denen niemand gerechnet hat. Ungeahnte Perspektiven tun sich auf, und neue Wege öffnen sich.

Es gibt kein Leben, das nur gelingt. Es gibt kein Leben, in dem alles glatt läuft. Das wissen wir und gerade wird es uns wieder besonders deutlich vor Augen geführt. Und doch erlebe ich, wie es weitergeht. Ich erlebe, wie schwere Zeiten durch zufriedene abgelöst werden. Ich sehe Menschen, die nicht klagen trotz aller Belastungen. Ich sehe freundliche und ausgeglichene Menschen, Menschen, die erleichtert und froh einen Neubeginn wagen, Menschen die zuversichtlich und fröhlich leben, obwohl ein Außenstehender vielleicht das Gute in ihrem Leben suchen würde.
Es ist gut zu wissen, dass wir Hilfe haben, Hilfe von Gott. Sie kann sehr unterschiedlich sein, aber wenn sie von Gott kommt, macht sie heil. Hilfe, die von Gott kommt, macht innerlich zufrieden. Damit lässt sich Manches gelassener ertragen. Gleichgültig, was geschieht, ich weiß mich in Gottes Hand. Darum will ich immer wieder bitten: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen! Amen.

Ich wünsche Ihnen, dass sie Gottes Heilung und Hilfe erfahren
Ihre Pastorin Annette Beer