An(ge)dacht zum 3. Sonntag nach Trinitatis am 3. Juli 2022

Gott gibt mich nicht verloren!

Dieses Wissen lässt mich leben. Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen ich mich sehr verloren gefühlt habe. Immer wieder gab und gibt es Situationen im Leben, in denen ich meine: „Es ist zu viel, ich schaffe das nicht. Das, was ich gerade erlebe, belastet mich so sehr.“ Oder auch: „Was habe ich da getan? Ich habe komplett versagt und bin schuld daran, dass Menschen sich verletzt fühlen.“

In solchen Situationen suche ich Halt. Ich brauche verständnisvolle, geduldige Menschen, die mir zuhören und mit mir tragen, was gerade unerträglich scheint. Und ich bete. Ich hoffe auf Gott und seine Unterstützung. Ich hoffe darauf, dass Gott versteht, was mich umtreibt und mir vergibt, wo ich versagt habe. Ich hoffe, dass Gott mich hört, mich findet und aus meinem Loch, in dem ich gerade stecke, herausreißt.

Der Dichter des 103. Psalm, des Psalms der Woche, hat die Erfahrung gemacht, dass Gott ihn nie verloren gibt und ihm Mut macht, weiter zu machen und so spricht er: Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Gott ist geduldig mit mir, er nimmt an meinem Leben teil und handelt an mir freundlich und wohl wollend. Er hadert nicht mit mir, er richtet nicht über mich, sondern er richtet mich auf und ermutigt mich dazu, nicht aufzugeben.

Wenn ich erlebe, dass Gott so an mir handelt, dann jubele ich mit dem Psalmbeter: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! Gott tut mir Gutes und das will ich nie vergessen. Mit meiner Seele will ich Gott loben, mit meinem Innersten, mit allem, was zu mir gehört. Und ich erinnere mich daran, wie Gott mir geholfen hat und wie gut das getan hat.

Der Psalmbeter erzählt auch von dem Guten, wofür er danken will: Der dir alle deine Sünde vergibt und heilt alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler. Da ist die Sünde, in die sich der Beter verstrickt hat. Aber da ist auch die Dankbarkeit, dass ihm alle Schuld vergeben wurde. Frei und unbeschwert darf er leben, nichts trennt ihn von Gott und seiner Liebe. Er weiß: Ich bin nicht verloren, Gott hält mich und bewahrt mich und lässt mich viel Gutes erleben.

Im gleichen Atemzug dankt er Gott für die Bewahrung in Krankheit, er dankt Gott dafür, dass er gesund geworden ist, ja, dass er heil geworden ist.

Wie gut verstehe ich den Psalmdichter. Auch ich bin dankbar und froh, wenn ich eine Krankheit überstanden habe und wenn alles zu einem guten Ende kommt. Wie dankbar bin ich aber erst, wenn ich erfahre, was es heißt, heil zu sein. Das ist ja mehr als das körperliche Gesund-Sein, das ist ein innerliches Gesund-Sein. Das heißt trotz einer Krankheit, trotz einer Belastung, sich gestärkt zu fühlen und sicher zu sein, Gott trägt und hilft und gibt mir Seelenfrieden.

Weiter dankt der Psalmbeter Gott von ganzem Herzen, dass er aus Verderben erlöst wurde. Verderben meint den Tod. Gott hat ihn also vor dem sicheren Tod bewahrt und ihm das Leben neu geschenkt, so dass er fröhlich und stark wie ein Adler im Leben steht. Was dem Psalmbeter widerfahren ist, bleibt offen, aber er ist froh und glücklich, dass er von Gott aus Todesgefahr errettet wurde. Er darf noch einmal neu leben, denn eigentlich fühlte er sich dem Tode schon viel näher als dem Leben und dann wurde ihm Rettung und ein neues Leben geschenkt.

Der Psalmbeter hat erfahren, wie Gott ihm immer nahe war und ist. Er hat gespürt, dass Gott ihn immer wieder gesucht hat, wie er nicht nachgelassen hat, ihn zu finden und ihm klar zu machen: „Du gehörst zu mir, ich lasse dich nicht los. Du sollst und darfst mir nicht verloren gehen. Gleichgültig, was dein Leben gerader schwer macht: Ich bin da und begleite dich!“

Auch ich spüre, dass ich geliebt und beschenkt bin. Gleichgültig, was in meinem Leben geschieht: Ich gehe nicht unter, ich gehe nicht verloren. Das macht mich fröhlich und ich fordere mich auf, Gott zu loben: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Amen.

Einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!
Ihre Pastorin Annette Beer