An(ge)dacht zum Sonntag Exaudi, 29.05.2022

Römer 8,26-30

“Was und wer ist der Mensch?” diese Frage ist eine von vielen bewegende Fragen, die die Menschen immer wieder stellen. Blaise Pascal, ein französicher Philosoph und Theologe sagte, dass der Mensch nur ein Schilfrohr und das zerbrechlichste Wesen in der Welt ist. Der deutsche Theologe, Jürgen Moltmann schrieb, der wirkliche Mensch stellt sich als ein unsicheres, gebrechlisches, verwundbares Wesen heraus.

Aber obwohl wir Menschen gebrechlich und zerbrechlich sind, sind wir auch fähig, vernünftig zu denken und Gutes zu machen. Wir befinden uns in der Mitte der Größe und des Elends des Menschen. Trotz unserer Schwacheit, hat Gott uns Würde und Kraft geschenkt, damit wir nicht ins Nichts geraten. Wir würden sogar in unserem Leben in eine Sackgasse laufen, würde Gott uns nicht einen anderen Weg öffnen. Er ermöglicht uns zu ihm kommen, und sein Heiliger Geist begleitet und weist uns an, wie wir über unser Elend und Enttäuschungen sprechen können.

Paulus erklärte das den Gemeindemitgliedern, damit sie Verständnis dafür haben, dass Gottes Geist ihnen hilft, auch wenn wenn sie  keine Kraft mehr haben ein Gebet auszusprechen. In seinem Brief an die Gemeinde in Rom, schrieb er diese Worte:

26 Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen. 27 Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er tritt für die Heiligen ein, wie Gott es will. 28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. 29 Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. 30 Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.

Es kann sein und machmal kommt es vor, dass ein Gläubiger keine Lust hat, mit Gott durch das Gebet zu sprechen. Nicht selten führt uns ein Ereignis in eine sprachlose Situation, wie zum Besipiel der Krieg, der in diesen zwei vergangenen Monaten in der Ukraine ausgebrochen ist. Wegen des Krieges sind wir in eine Krise und die Inflation geraten. Die Preise der Lebensmittel, Benzin, Gas und vielem anderen sind hochgestiegen. Wir waren und sind noch immer sprachlos als Corona unser Leben veränderte, viele Menschen sind ums Leben gekommen, sogar mehrere davon sind unsere Verwandten oder Bekannte. Trauma, Unglück, tragisches Schicksal kommen plötzlich, viele von uns sind nicht darauf vorbereitet. Wir sind verstummt und sprachlos wenn wir verwüstete Ereignisse erleben.

Es gibt  auch Menschen die nach langer Zeit der Enttäuschungen, aufgehört haben zu beten. Sie haben gebetet, aber Gott hat ihnen mit “NEIN” geantwortet. Es gibt auch Menschen, die wegen der spirituellen Sättigung sprachlos sind, und sie nehmen nicht mehr Gottes Anwesenheit wahr. Laut mystischer Überlieferung nennt man diese Situation  “Dunkle Nacht der Seele.” Sogar Mutter Teresa aus Kalkutta hat einmal geschrieben, “ich bete, als ob Gott nichts ist.”  Wir können uns vorstellen, wie ein heiliger Mensch, der betet aber er fühlt sich, dass Gott nicht da ist. Diese Erfahrung ist schmerzhaft.

Wir sehnen uns nach Heil und verlangen ein  würdiges Leben. Aber machmal wissen wir nicht, wie wir unsere Sehnsucht ausdrücken können. Der deutsche Theologe und Widerstandkämpfer, Dietrich Bonhoeffer, hat einmal ein Gedicht geschrieben:

„Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
flehn um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott in Seiner Not.
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehn ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod
und vergibt ihnen beiden.“[1]

“Exaudi” ist der Name dieses Sonntags. Dieser Name stammt aus Psalm 27,7, der lautet: Herr, höre meine Stimme! Dieser Sonntag schließt das Osterfest ab, danach werden wir  Christi Himmelfahrt und Pfingsten feiern. In diesem Sonntag befinden wir uns zwischen der Verheißung und der Ankunft des Heiligen Geistes, der uns lehrt wie wir mit Gott in Beziehung treten können. Dieser Geist betet mit unsrer Seele, obwohl manchmal das Gebet nicht von den  Lippen kommt. Heiliger Geist hilf uns auf, unsere Schwacheit zu Gott zu bringen. Lass uns Glauben haben, beten und hoffen, dass etwas Gutes gemäß Gottes mysteriösem Willen geschieht. Inmitten der unsicheren Situation, die gerade die ganze Welt erfasst.

Ihr Pfarrer: Albert Purba

Abbildung : https://pixabay.com/id/photos/agama-iman-berdoa-pria-gereja-3443282/


[1] Herman Barth, https://www.ekd.de/080504_barth_hannover.htm