Galater 3, 26-29
Durch unsere Taufe haben wir Christus angezogen
,,Bhineka Tunggal Ika”, so lautet das Nationalmotto Indonesiens. Die Übersetzung auf Deutsch heißt: „In Vielfalt eins“. Die Gründungsväter Indonesiens waren sich einig, und haben es dabei belassen, diese Worte unter das Nationalsymbol zu schreiben. Sie waren sich sehr bewusst, nachdem sie beobachtet und betrachtet haben, dass dieses Land aus vielen Ethnien, Sprachen und Kulturen besteht. Einigkeit ist deswegen wichtig und entscheidend. Diese Entschlossenheit ist in der Bildung umgesetzt. Je nach Niveau ist in Indonesien das Tragen einer Schuluniform Pflicht und wichtig; sogar im Kindergarten ist diese Regel schon eingeführt. Die Schulkinder ab der ersten bis zur sechsten Klasse tragen weißes Hemd und rote Hose oder roten Rock, aber ab der siebten bis neunten Klasse ist die Uniform weiß und blau. Und ab der Zehnten tragen alle weiß-graue Kleidung, bis sie eine staatliche Prüfung am Ende der zwölften Klasse ablegen.
Auch im Gemeinde- oder im Familienleben ist uns die Einigkeit sehr wichtig, da nach unserer morgenländischen Betrachtung die Einigkeit eine Erkenntnis der Harmonie ist. Infolgedessen ist es wichtig, zu allen Anlässen und Feierlichkeiten der Gesellschaft ähnliche Kleidung zu tragen. Ein Dress-Code macht das Feiern lebendiger, so sagen viele Menschen. Nicht selten tragen viele Menschen eine „Kleidung der Einigkeit“ sowohl bei fröhlichen Festen als auch bei traurigen Anlässen. Dadurch, dass sie diese Kleidung tragen, zeigen sie ihre Gefühle und sprechen damit aus, dass sie nicht nur mit ihren Körpern, sondern auch mit ihren Seelen da sind.
An die Gemeinde in Galatien hat Paulus geschrieben, dass sie in ihrer Vielfalt eins ist. Abgesehen davon, dass es in dieser Gemeinde verschiedene Menschen gibt und mitwirken, ist Christus da, als der Herr. Der Apostel lehrte sie, dass sie, nachdem sie getauft wurden, eine neue Identität haben. Die Taufe ist die Startlinie, an der die gemeinsame Reise als Leib Christi beginnt. Im 3. Kapitel dieses Briefes schrieb der Apostel:
26 Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. 27 Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. 28 Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.
29 Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.
Durch diesen Abschnitt hat Paulus die Existenz der Kirche definiert. Auf die Frage: was ist der Mensch? gibt er eine klare Antwort, indem er ihn durch die Augen eines von Jesus geretteten Menschen betrachtet. Der Apostel ist zu dem Schluss gekommen: Unabhängig der großen Unterschiede, die es in der Galatergemeinde gibt, sind sie alle eins. Die unterschiedlichen Herkünfte, Kulturen und sozialen Verhältnisse spielen keine Rolle mehr. Wir wissen, dass diese Gemeinde sehr bunt und vielfältig war. Die Gemeindeglieder stammten aus vielen sozialen Schichten oder hatten verschiedene ethnische und politisch-ökonomische Hintergründe; durch die Taufe bildeten sie alle eine christliche Gemeinschaft.
Es gab unterschiedliche Strömungen, die manchmal sich nicht einig waren. Die Juden waren stolz auf ihren Status als Gottes auserwähltes Volk, die Griechen hatten den Ruf, als eine gut gebildete Nation, die wissenschaftliche und philosophische Probleme lösen konnte. Diese unvereinbare Lebenseinstellung und Weltanschauung machte das gemeinsames Leben schwierig. Die Sklaven und die Freien waren zwei Konkurrenten, die sich gegeneinander durchsetzen wollten. Und in so einer patriarchalischen Gesellschaft stellte sich immer wieder die Frage: Wo ist die Grenze zwischen Männern und Frauen? Kann eine Frau eine Predigt halten oder ein Sakrament austeilen oder als Führungskopf der Gemeinde mitwirken? Wegen dieser Geschlechter basierten Unterschiede ist es nicht einfach eine Antwort zu geben. Aber für Paulus ist all diese Verschiedenheit in Wirklichkeit ein Schatz der Gemeinde, mit dem die Mitglieder eine gute und lebendige Kirche bilden können. Der eine ist nicht besser oder würdiger als die andere, weil das Ziel dieser Gemeinschaft nicht ihr nationaler oder ethnischer Ruf ist, sondern das Heil zusammen zu feiern und zu verkündigen.
In einer christlichen Gemeinde gibt es keinen anderen Maßstab außer Jesus selbst, nicht die Hautfarbe, Rasse oder Abstammung sowie Begabungen und soziale Position in der Gesellschaft. Alle sitzen und stehen auf Augenhöhe, weil Gottes Verheißungen für Abraham auch für sie gültig sind. Die Christen und Christinnen sind verwandelte Menschen, und durch ihre Taufe sind sie alle im Machtbereich Jesu Christi, weil sie sich durch ihre Taufe zu Jesus als Herrn und Heiland bekennen. Die Taufe öffnet ihnen die Tür in die neue Wirklichkeit sich auf der Seite Gottes zu befinden, auf der sie einen neuen Lebensweg einschlagen und sich an einer neuen Moral ausrichten; das bedeutet nicht, dass sie nun kein normaler Mensch mehr sind. Für diese verwandelten Menschen ist Christus wie eine Kleidung, die durch die Taufe angezogen worden ist. Deswegen hat Paulus sie daran erinnert, dass sie Christus schon angezogen haben.
Diese neue Identität ist das Resultat von Jesu Werk, durch das er den alten Maßstab schon aufgehoben hat; deswegen sind die Gemeindeglieder neue Menschen geworden. Die Kirche ist bunt und vielfältig, aber zugleich ist sie eins in Christus Jesus. Unsere Vielfalt ist nicht zu verneinen, gar zu vertilgen, sie ist Reichtum des gemeinsamen Lebens und kann auch der Gemeinde zugute kommen. Vielfalt der Gemeinde ist keine Gefahr, sondern eine Bereicherung, weil alle Aufgaben haben, damit die Gemeinde als Christi Leib funktioniert. Da wir zu Christus gehören, sind wir auch Söhne und Töchter von Abraham, die die Verheißungen Gottes bekommen. Deshalb müssen wir uns vergessen, damit wir eine soziale Realität erleben können, in der wir sehen, dass Himmel und Erde sich berühren, wie es in der Strophe eines Liedes klingt:
Wo Menschen sich vergessen,
die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
Ihr Pfarrer Albert Purba
Abbildungsquelle: https://www.mediapedomanindonesia.com/pendidikan-agama/874540956/ini-ketentuan-nadiem-aturan-seragam-sekolah-baru-2024