An(ge)dacht zum Trinitatisfest am 4. Juni 2023

Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist!

Zu den christlichen Grundüberzeugungen gehört es, dass es einen einzigen Gott gibt. Gleichzeitig sprechen wir von Gott, der uns als Vater, Sohn und Heiliger Geist begegnet. Unser Glaubensbekenntnis, das Christinnen und Christen seit dem fünften Jahrhundert sprechen, erzählt von dem einen Gott in drei Teilen, die den drei Personen Gottes gewidmet sind. Wie geht das zusammen? Wie kann der, der einzig und einer ist, gleichzeitig drei sein? 1 = 3 ist schwierig zu denken und zu verstehen.
Mir hilft bei dem Verständnis immer wieder das Bild mit den drei Kerzen. Sie stehen eng zusammen und sind so aneinander gelehnt, dass sie mit nur einer einzigen Flamme brennen. Wenn ich aber die Kerzen trenne, habe ich drei Flammen. Sie alle können nicht mehr, aber auch nicht weniger als die eine Flamme. Nehme ich nun eine dieser Kerzen und stelle sie auf einen Leuchter in einem dunklen Zimmer, nenne ich die Flamme „Licht“, obwohl sie Teil der einen Flamme ist. Wärme ich an der Flamme einer anderen Kerze meine Hände oder stelle diese Kerze in ein Stövchen, nenne ich diese Flamme „Wärme“, obwohl auch sie Teil der einen Flamme ist. Und gebe ich die Flamme der dritten Kerze in den Kamin, um damit das Holz zu entzünden, dann nenne ich diese Flamme „Feuer“, obwohl auch sie Teil der einen Flamme ist. Die jeweilige Funktion oder Aufgabe begründet die Wahrnehmung und damit den Namen der Flamme. Nehme ich schließlich die drei Kerzen wieder zusammen, so dass aus Licht und Wärme und Feuer wieder eine Flamme wird, kann ich nicht mehr unterscheiden, welcher Teil der Flamme Licht, welcher Wärme und welcher Feuer ist. Die eine Flamme kann das alles.
So ist das auch mit Gott. Er ist einer, wie es bei der Flamme ist. Aber in den unterschiedlichen Aufgaben, in denen er uns Menschen gegenübertritt, wird er unterschiedlich benannt. Und so beschreibt das Glaubensbekenntnis diese unterschiedlichen Aufgaben Gottes in seinen drei Abschnitten, wobei der erste Teilsatz als Überschrift für alle drei Abschnitte verstanden werden kann: „Ich glaube an Gott!“ In jedem Abschnitt wird etwas anderes, was Gott für uns getan hat, betont.

„Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“
Im Mittelpunkt dieses ersten Abschnittes steht die Schöpfung. Gott hat alles geschaffen. Er hat die Erde ins Leben gerufen. Er hat so einen Lebensraum für uns geschaffen. Die Bibel berichtet davon in mehreren bildhaften Schilderungen, die keine naturwissenschaftlichen Abhandlungen, sondern dankbar staunende Erzählungen sind. Sie freuen sich an der Natur mit all dem Schönen und Guten, mit all dem, was uns zum Leben hilfreich und gut und notwendig ist. Und sie stellen fest, dass Gott nicht nur der Schöpfer ist, sondern sich um seine Schöpfung kümmert, aber auch uns damit beauftragt hat, für seine Schöpfung unseren Lebensraum zu sorgen.
Und so wie wir die Flamme der Kerze auf dem Leuchter „Licht“ nennen, so nennen wir Gott, den Schöpfer und Bewahrer, „Vater“.

„Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“
Im Mittelpunkt des zweiten Abschnittes steht die Menschwerdung Gottes. Hier wird aufgezeigt, dass Gott nicht fern und unerreichbar ist, dass er die Menschen nicht alleine lässt, sondern, dass er selbst sich den Bedingungen menschlichen Lebens unterwirft. Gottes Sohn wird Mensch, um als Mensch unter Menschen zu leben. Und dies ist ein Weg der Niedrigkeit. Jesus wird ja nicht in einem Palast geboren und mit goldenen Löffeln gefüttert, sondern unter schwierigen Umständen in einer einfachen Familie. Und sein Weg bleibt schwierig bis zum Ende am Kreuz. Jesus hat in seinem Leiden und Sterben die Konsequenzen unseres Lebens getragen. Er hat unsere Gottesferne gespürt, die wir verursachen, weil wir uns immer wieder von Gott abwenden. Aber durch die Auferstehung von Jesus zeigt Gott uns, dass er immer, auch in den schlimmsten Situationen bei uns ist, egal wie weit wir uns von ihm entfernt haben. Und er zeigt uns, dass der Tod nicht mehr als die Grenze allen Lebens gilt, sondern durch Gottes Handeln hier selbst an seine Grenze gekommen ist. Das ist die Erlösung, die uns in der Taufe zugesprochen ist. Wir werden also nach unserem Tod bei ihm leben.
Und so wie wir die Flamme der Kerze im Stövchen „Wärme“ nennen, so nennen wir Gott, der in Jesus Christus als Mensch unter Menschen lebte und uns die Erlösung brachte, „Sohn“.

„Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“
Im Mittelpunkt des dritten Abschnittes steht der Glaube und die Kraft des Glaubens. Pfingsten haben wir gefeiert, wie aus den verängstigten Jüngern, die sich aus Furcht aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatten, freie Menschen wurden, die mutig herausgingen und ihren Glauben bekannten. Sie haben durch den Geist Gottes, den sie geschenkt bekommen haben, ihren Glauben und damit ihre Hoffnung wieder entdeckt. Sie predigen und taufen und gründen so die Kirche. Und damit ist nicht die jeweilige konkrete verfasste Kirche, sondern die umfassende Kirche gemeint. Sie begründen die Gemeinschaft der Heiligen. Und das sind nicht nur die Heiligen, die im Heiligenkalender stehen, weil Menschen sie für vorbildlich hielten, sondern das sind alle Getauften, denn alle Getauften gehören zu Gott und sind damit heilig. Und sie gehen in die Welt und tragen den Glauben weiter. Wenn die vielen geistgeführten Christinnen und Christen nicht gewesen wären, die sich vom Heiligen Geist leiten ließen und ihren Glauben lebten und weitergetragen haben, wüssten wir von all dem nichts, gäbe es bei uns keinen Glauben, keine Kirche, keine Gemeinschaft der Heiligen. So aber gehören wir durch Gottes Wirken im Heiligen Geist zur Gemeinschaft der Heiligen.
Und so wie wir die Flamme der Kerze, die den Kamin entfacht, „Feuer“ nennen, so nennen wir Gott, der in Menschen Glauben entfacht und sie ihren Glauben leben und in die Welt tragen lässt, „Heiliger Geist“.

Gott ist einer. Aber in den unterschiedlichen Aufgaben, in denen er uns Menschen gegenübertritt, wird er unterschiedlich benannt. Und genau diese vielfältige Hinwendung zum Menschen, die Gott uns in seinen drei Personen spüren lässt, feiern wir mit dem heutigen Trinitatisfest. Wir feiern die Dreieinigkeit Gottes, denn
wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist!

Ich wünsche Ihnen den Segen des dreieinigen Gottes
Ihr Pfarrer Johannes Beer