An(ge)dacht zu Pfingsten 2023 – Der Geist spricht viele Sprachen

Ganz plötzlich hält sie Einzug. Die heilige Geistkraft kommt vom Himmel herunter und setzt in Bewegung. Sie hält sich an keine verabredeten Zeiten. Macht nicht halt in und vor den Mauern und Grenzen unserer Kirchen. Pfingstgeist liegt fast greifbar in der Luft, er ist dynamisch und kraftvoll. Das Pfingstwunder der biblischen Erzählung ereignet sich an Shavuot, einem jüdischen Erntefest. Der erste Weizen ist da. Ein Fest der Dankbarkeit für das, was wächst; für alles, was aufgeht. Es ist aber auch das Fest der Freude über das, was schon da ist. Er ist schon spürbar gewesen, der Geist.
Die Jünger*innen haben ihn schon gespürt, als sie mit Jesus unterwegs waren. Als er ihnen vom Reich Gottes erzählt hat. Sie haben seine Kraft gespürt, als sie dem auferstandenen Christus begegnet sind. Bewegt von dieser Geistkraft hält es die Jünger*innen nicht mehr in ihrem Haus. Die merkwürdige Zwischenzeit, in der sie an diesem Ort ausgeharrt hatten: Wie fortgeblasen. Die Geistkraft versetzt sie in Schwingung. Diese Kraft treibt sie hinaus auf die Straßen der Stadt. Im Gepäck haben sie die vielen Geschichten und Erlebnisse, tröstende Zusagen; auf der Zunge haben sie die Geschichten vom Reich Gottes, von Liebe und Frieden auf Erden.
Die Jünger*innen erzählen den Menschen, denen sie begegnen von Jesus. Sie berichten von den Wundern, die er tat und erzählen seine Gleichnisse.

Eine von ihnen erzählt von dem winzigen Senfkorn, das in die Erde fällt, wächst und groß wird. Gemeinsam teilen sie ihren Glauben, der in ihnen gewachsen und groß geworden ist. Der immer wieder auf harte Proben gestellt wurde und auch noch wird. Ihre Herzen sind randvoll mit den zahlreichen Erfahrungen und Begegnungen mit Kindern und Erwachsenen, Zöllnern und Sündern, Reichen und denen, die sich des Reiches Gottes schon ganz sicher glaubten. All diese Gespräche und Erfahrungen haben sie reich gemacht: Auch wenn sie nicht immer alles sofort verstanden.
Die Jünger*innen reden von dem Geist, den sie in ihrer Gemeinschaft gespürt haben. Die Jünger*innen teilen all das Unglaubliche und Wunderbare, was ihnen unterwegs mit Jesus geschehen ist. Einen Vorgeschmack auf das Reich Gottes schon jetzt und hier, das haben sie erlebt.
Ich stelle mir vor, wie ein anderer mit leuchtenden Augen berichtet, wie Jesus einen Mann heilte. Wie er ihnen, seinen eigenen Jünger*innen, immer wieder die Augen geöffnet hat.
„Hört her, wir sind nicht betrunken“, ruft da Petrus „Gott sagt: Ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen auf der Erde.“

Einige, die ihre Worte hören sind noch skeptisch, viele spotten, bis heute. Doch bricht sie sich Bahn, die frohe Botschaft.

Und so wirkt die heilige Geistkraft heute weiter. In der Gemeinschaft unter uns lässt sie uns singen und erzählen von Gott und von Jesus, seinem Sohn.
Die heilige Geistkraft begegnet uns in vielen verschieden „Sprachen“: In der Rührung, in der Stille, in der Musik; in einem Bibelwort, einem Bild. Und sie spricht auch die Sprache derjenigen, zu denen gerade keine Worte durchdringen. Sie spricht auch zu denjenigen, die gerade nicht wissen, was sie beten sollen. Sie seufzt und hält aus mit denen, die sich nach Frieden sehnen.

Pfingstgeist liegt in der Luft und sie hält sich nicht an feste Termine und die Mauern und Grenzen unserer Kirchen. Pfingstgeist liegt in der Luft und er ist dynamisch und kraftvoll.

Ein gesegnetes Pfingstfest wünscht Ihnen

Ihr Vikar Lars-Manuel Stötzel