An(ge)dacht zum Sonntag Invokavit am 26. Februar 2023

Wo kommt das Böse eigentlich her?

Angesichts des jetzt ein Jahr andauernden Krieges stellt sich diese uralte Frage wieder neu.

Es gibt in unserer Welt mehr als genug Böses und alle Texte des vergangenen Sonntags sprechen vom ihm und den Versuchungen. Und im Evangeliumstext (Matthäus 4,1-11) begegnet uns der Teufel gar als leibhaftige Gestalt.

Jesus von Nazareth hat sich in die Wüste zurückgezogen Ein junger Mann, so um die dreißig, Zimmermann von Beruf. Bei seinem Vater hatte er gelernt. Dann aber war er zu Johannes an den Jordan gekommen, ließ sich taufen und zog sich in die Wüste zurück. Vom Geist geführt sucht er die Einsamkeit und die Stille. Fern vom menschlichen Treiben hofft er auf die Begegnung mit Gott. Er fastet vierzig Tage und betet und meditiert. Das verändert seine Wahrnehmung. Er ist offen für Neues, für ganz andere Erfahrungen.

Und während Jesus nun fastend meditiert und betend auf die Begegnung mit Gott wartet, nähert sich ihm der Andere, jener Zweite. Dieser wird keinen Pferdefuß, keinen Schwanz und keine Hörner gehabt und nicht nach Schwefel gestunken haben. Er wird überhaupt nicht auffällig gewesen sein, sonst hätte ihn Jesus wohl von Anfang an weggeschickt, statt sich mit ihm zu unterhalten.

Dieser Zweite versucht Jesus mit ausgeklügelten Angeboten, und ich wette, kaum einer von uns hätte widerstehen können. Aber Jesus antwortet diesem Besucher sachlich und ruhig. Er geht nicht auf die inhaltliche Seite der Angebote ein, sondern entgegnet jeweils einen Bibelvers. Wie bei einer Diskussion unter bibelfesten Glaubenden hört sich das an. Jesus lässt sich von seiner Suche nach der Gottesbegegnung nicht abbringen. Und so muss der Zweite ihn wieder verlassen. Der störende Besucher zieht sich zurück.

Der Teufel ist ein Bild für das Böse in der Welt. Unsere Erfahrungen zeigen uns, dass viel Böses vorhanden ist. Aber wir werden wohl als erstes aus unserem Evangelium festhalten können, dass der Teufel kein Gegengott ist. Da ist niemand, der Gott gleich oder gar über ist. Da ist keiner, wie er auch immer genannt werden mag, der Gott ernsthafte Konkurrenz machen kann. Der Teufel hat keine Macht über Jesus. Er kann ihm trotz der ausgeklügelten Angebote nicht beikommen. Natürlich ist genauso wenig der Teufel ein Teil Gottes. Gott führt nicht in Versuchung. Er ist es nicht, der das Böse will und fördert. Was wäre das auch für ein Gott? Nein, Gott ist ein Gott der Liebe, der das Gute will.

Aber Gott hat den Menschen den freien Willen gegeben. Der Mensch kann machen, was er will, und er entscheidet sich von Anfang an immer wieder gegen das Gute und damit gegen Gott.

Immer wieder ist uns alles andere wichtiger als Gott. Wir wollen nicht wirklich fasten, sondern wollen im Wohlstand leben. Uns hätte es verlockt, aus Steinen wunderbares Brot zu machen. Wir wollen Sicherheit um jeden Preis und immer noch eine und noch eine Versicherung. Da käme uns die Vorstellung, dass Gott uns auf Händen durch das Leben trüge, gerade recht. Wir wollen Reichtum, Anerkennung und Ehre. Da ist die Idee, Herrscher aller Länder zu sein, ein Megastar des Globusses zu werden, von großer Kraft. Und leider ist diese Versuchung in der aktuellen Weltpolitik sehr gegenwärtig und real. Immer, wenn wir nicht Gott im Mittelpunkt unserer Gedanken haben, kommen solche Ideen, Vorstellungen und Verlockungen dabei heraus. Wir brauchen keinen Teufel der uns in Versuchung führt, unsere eigenen Gedanken sind teuflisch genug.

Und so gewinnt das Böse Raum. Es wird gedacht und ausgesprochen. Einer wird mit seinen Sätzen für den anderen zum Versucher. Und Ideen, die nicht Gottes Willen entsprechen, gewinnen an Macht. Diese Versuchung ist höchst real. Darum sagt Jesus seinen Jüngern später: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt!“

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!
Ihr
Pfarrer Johannes Beer