An(ge)dacht zum 3. Sonntag nach Epiphanias am 23. Januar 2022

Jesus ging nach Kapernaum. Da kam ihm ein römischer Hauptmann entgegen.

Er sagte zu Jesus: »Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause. Er hat furchtbare Schmerzen!«

Jesus antwortete: »Ich will kommen und ihn gesund machen.«

Der Hauptmann erwiderte: »Herr! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst! Aber sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund! Denn auch bei mir ist es so, dass ich Befehlen gehorchen muss.

Und ich selbst habe Soldaten, die mir unterstehen. Wenn ich zu einem sage: ›Geh!‹, dann geht er. Und wenn ich zu einem anderen sage: ›Komm!‹,dann kommt er. Und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das!‹, dann tut er es.«

Als Jesus das hörte, staunte er. Er sagte zu den Leuten, die ihm gefolgt waren: »Amen, das sage ich euch: Bei niemandem in Israel habe ich so einen Glauben gefunden! Ich sage euch: Viele werden aus Ost und West kommen. Sie werden mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch liegen.

Aber die Erben des Reiches werden hinausgeworfen in die völlige Finsternis. Da draußen gibt es nur Heulen und Zähneklappern.«

Dann sagte Jesus zum Hauptmann: »Geh! So wie du geglaubt hast, soll es geschehen!« In derselben Stunde wurde sein Diener gesund.

            – Matthäus 8,5–13

Stellen sie sich einmal vor, diese Geschichte wäre heute passiert. Da ist ein Hauptmann einer nichtchristlichen Militärmacht, der sich an einen Kirchenführer wendet, um Hilfe in seiner Not zu bekommen. Da wäre das Geschrei groß. Denn man würde hinter diesem tun doch ganz bestimmt irgendeine Schlechtigkeit vermuten.

Damals, zur Zeit Jesu, war das wohl nichts Besonderes, denn niemand regt sich auf, niemand versucht, den Hauptmann von Jesus fern zu halten. Es war wohl nichts Besonderes, wenn sich jemand um Hilfe an Jesus wandte. Und Jesus hört genau zu und erkennt sofort, was von ihm erwartet wird. Er soll den Knecht des Hauptmannes wieder gesund machen. Es ist für ihn selbstverständlich, dass er in das Haus des Hauptmannes geht, um nach dem Knecht zu sehen.

Doch der Hauptmann erwartet keinen Hausbesuch, denn er ist sich der Tragweite seiner Bitte sehr wohl bewusst. Er, der nicht zur Glaubensgemeinschaft der Juden gehört, kann es einfach nicht erwarten, dass ein Rabbi, ein Gelehrter, sein Haus, das Haus eines Ungläubigen, betritt. Darum sagt er etwas, das einem die Sprache verschlägt: Der Hauptmann erwiderte: »Herr! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst! Aber sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund!

Hatte ich gerade „Ungläubiger“ gesagt? Dieser eine Satz sagt über den Glauben dieses Mannes doch mehr aus, als ellenlange Beteuerungen eines Menschen, der sich rechtfertigen will. Dieser Mann, der nicht zur offiziellen Gemeinde der Gläubigen gehört, der vertraut allein dem Wort Jesu. Schon das Wort Jesu, so glaubt er, kann das erreichen, was Ärzte und selbsternannte Wunderheiler mit ihrer Gegenwart, ihren Mittelchen und ihren Sprüchen nicht zu erreichen vermochten.

Jesus kann hier nicht umhin, „seiner“ Gemeinde ein paar mahnende Worte zu sagen. Er weist sie darauf hin, dass sie ihr Dasein als Angehörige von Gottes auserwähltem Volk allein schon als eine Versicherung gegen die Verdammnis halten. Sie nehmen alles, was sie mit Jesus erleben und was ihnen aus der Tora vorgelesen wird, als selbstverständlich hin; und da man das ja alles kennt, muss man sich keine Mühe mehr geben – weder danach zu leben, noch die Schriften zu lesen, um zu mehr Verständnis zu kommen. Hier regiert ein Geist der sagt: Ich gehöre doch dazu – da habe ich auch den Anspruch auf die Annehmlichkeiten!

Diesen Anspruch – mehr oder weniger deutlich ausgesprochen –  erlebe ich immer mal wieder, wenn ich mit Menschen spreche, die plötzlich irgendwie mit Kirche in Kontakt kommen, sei es bei einem Gespräch vor einer Taufe oder Trauung, sei es irgendwo auf der Straße.

All das fiel mir ein, als ich die ernsten Worte Jesu an seine Zuhörer las: Bei niemandem in Israel habe ich so einen Glauben gefunden! Ich sage euch: Viele werden aus Ost und West kommen. Sie werden mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch liegen. Aber die Erben des Reiches werden hinausgeworfen in die völlige Finsternis. Da draußen gibt es nur Heulen und Zähneklappern.

Ist es nicht so, dass schon Jesus sich von seinen Zuhörern mehr Glauben und weniger Schau erwartet? Nicht sich groß hervortun mit dem, was man geleistet hat, wie gut man ist, wie groß der Einsatz ist für die gute Sache, sondern das da sein, zuhören und Glauben ist es, was Jesus von uns erwartet.

Der Hauptmann von Kapernaum hat das verstanden. Er ging nicht als der mächtige Mann, der er war, zu Jesus, sondern als Bittsteller, dem es einzig um das Wohl seines Knechtes ging. Er glaubte fest daran, dass Jesus ihm helfen kann – und so ist es dann auch gekommen. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: »Geh! So wie du geglaubt hast, soll es geschehen!« In derselben Stunde wurde sein Diener gesund.

Nach einem Predigtgedanken von Hannelore Schmiss

Einen gesegnetes neues Jahr!

Ihr Pfarrer Simon Hillebrecht