„Arche-Noah-Post“ am 20.6.2020

Fremd sein oder Heimat finden?

Erst waren es nur einzelne, die aus ihrem Land flohen, da es dort immer weniger zu essen gab. Der Hunger trieb sie in ein anderes Land, das im Wohlstand lebte, wo sie auf Nahrung und das Notwendigste hoffen konnten. Und sie wurden nicht enttäuscht. Sie wurden zwar streng kontrolliert, aber fair behandelt. Ihnen wurde geholfen.

Dann, als die Hungersnot immer größer wurde, kamen immer mehr. Familienverbände machten sich auf den Weg. Es waren nun nicht mehr nur einzelne Männer, sondern auch Frauen und Kinder, ja selbst Säuglinge. In einer langen Kette kamen sie in das andere, das reiche Land. Und auch sie wurden streng kontrolliert, aber fair behandelt und aufgenommen. Sie fanden Nahrung und Wohnung. Die Erwachsenen bekamen berufliche Chancen. Die Kinder lernten fleißig. Und überhaupt integrierten sich alle sehr gut.

Sie kleideten sich wie die Menschen dieses neuen Landes und übernahmen viele Gewohnheiten. Aber natürlich hingen sie in ihren Gedanken immer wieder an der alten Heimat. Sie kochten nach mitgebrachten Rezepten wie bei Muttern. Und vor allem hielten sie an ihrer Religion fest.

Beides betrachteten die Gastgeber mit Argwohn. Im Aufnahmeland, das über die Jahre und Jahrzehnte zu ihrem Land geworden war, wuchs immer mehr Misstrauen und Angst. „Die werden zu viele und unser Volk stirbt aus!“ hieß es dann. Und „Denen kann man nicht trauen!“ Die ehemalige Gastfreundschaft schlug in Fremdenhass und Rassismus um.

Ist das, was ich Ihnen heute am Weltfüchtlingstag hier erzähle, eine moderne Geschichte, die sich in unseren Tagen genau so abspielt?

Ich fürchte, dass ich diesen Eindruck nicht zurückweisen kann. Wenn wir uns in unserer Welt umschauen, sehen wir immer wieder genau dies. Wir erleben leider immer wieder, wie Fremdenhass und Rassismus aufbricht.

Allerdings ist das, was ich Ihnen hier erzählt habe, vor ca. 3.500 Jahren geschehen und wird in der Bibel in den Mosebüchern berichtet. Die Josefs-Geschichten erzählen von der Hungersnot. Und die ersten beiden Kapitel des 2. Buch Mose wissen von dem Fremdenhass und Rassismus und der daraus resultierenden brutalen Unterdrückung. Aber leider ist das ein wiederkehrendes Muster, das sich zu jeder Zeit an vielen Orten der Welt findet, eben bis hin bei uns.

Aber eigentlich sollten wir doch gerade als christliches Abendland durch die Bibel mit ihren vielen Fluchtgeschichten sensibilisiert sein. Eigentlich sollten wir als Christen doch die Zehn Gebote und das Doppelgebot der Liebe verinnerlicht haben. Kehren wir also Fremdenhass und Rassismus den Rücken und kehren zur Hilfsbereitschaft gegenüber den Notleidenden zurück.