„Mein Handy erkennt mich nicht!“
So habe ich die Klage immer wieder mal in der letzten Zeit gehört, wenn Menschen mit einem Mund-Nasen-Schutz versuchen, das Handy mit der Gesichtserkennungssoftware freizuschalten.
Eigentlich ist das ein Schutz vor unbefugtem Gebrauch des Handys. Deswegen kann man sein Gesicht, das biometrisch erfasst wird, einspeichern. Und dann funktioniert das Handy eben nur, wenn das eigene Gesicht von der Kamera erfasst und erkannt wird. Dabei ist es egal, ob oder wie man frisiert oder geschminkt ist. Auch ob man fröhlich oder traurig oder gar fiebrig verquollen ist, spielt keine Rolle. Die biometrischen Punkte, Linien und Abstände funktionieren trotzdem. Mehr braucht es nicht. Aber durch den Mund-Nasen-Schutz, den wir ja zu diesen Pandemiezeiten sinnvoller Weise tragen, werden zu viele dieser biometrischen Punkte abgedeckt. Und so erkennt mein Handy mich eben nicht mehr.
(Übrigens haben auch Überwachungskameras im öffentlichen Raum oder an Bankautomaten oder Bahnhöfen dieselben Schwierigkeiten.)
Vor der St. Johanniskirche steht eine Figur in schwarzer Silhouette, die als Gesicht ein solches biometrisches Raster trägt. Sie gehört zu der aktuellen Ausstellung „Was ist der Mensch?“ und will uns darauf aufmerksam machen, woran wir eigentlich wirklich einander erkennen. Das sind eben nicht Punkte, Linien und Abstände, das ist kein biometrischer Code, sondern ganz etwas anders. Menschen erfassen ihr Gegenüber mit einem Blick. Und dabei spielen gerade die Augen, die bei der Biometrie weggelassen werden, eine besondere Rolle.
Und dann ist es mir egal, ob mein Handy mich nicht erkennt. Es lässt sich auch anders entsperren. Aber es ist mir keineswegs egal, ob Menschen, die mir wichtig sind, die ich liebe, mich erkennen. Und das hat bis heute kein Mund-Nasen-Schutz verhindert.
Machen wir also, was Maschinen nicht können: Nehmen wir uns, egal wie wir uns verkleiden, gegenseitig als Menschen wahr und an.