Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater!
Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, da wir ja mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden.
(Römer 8,14-17)
Sind Sie gerne Kind gewesen?
Ich war gerne Kind. Ich hatte Eltern, die mich liebten, die für mich sorgten, die für mich da waren. Ich hatte eine schöne und behütete Kindheit. Ich habe mich wohl gefühlt.
Paulus schreibt im Römerbrief auch etwas vom Kindsein. Er schreibt: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Gottes Geist macht uns Menschen also zu Kindern Gottes. Ich bin ein Kind Gottes, Gott ist wie ein guter Vater für uns.
Vor mir tauchen Bilder von Vätern auf. Ich erinnere mich an meinen eigenen Vater und an meinen Schwiegervater. Ich erinnere mich an die Väter meiner Freunde und Freundinnen. Ich erinnere mich an gute und fürsorgliche Väter, an verständnisvolle und liebende Väter, aber auch an schlechte und tyrannische Väter, an strenge und Angst einflößende Väter.
Ein guter Vater ist für seine Kinder da und ansprechbar. Er sorgt sich um sie und begleitet ihre Wege. Mit allem können seine Kinder zu ihm kommen. Verständnisvoll geht er auf ihre Probleme ein, liebevoll kümmert er sich darum, was sie brauchen. Ihm vertrauen sie. Sie brauchen keine Angst vor ihm zu haben, denn sie wissen, dass sie seine geliebten Kinder sind. Auf den guten Vater können sie sich verlassen. Er ist da, fürsorglich und zuverlässig.
Gott ist ein guter Vater für seine Kinder.
Natürlich ist ein guter Vater nicht immer einverstanden mit dem, was seine Kinder machen. Jedes Kind macht Blödsinn, jedes Kind macht Fehler. Ein guter Vater trägt auch die Fehler seiner Kinder mit. Er akzeptiert sie nicht, er sagt seinen Kindern klar und deutlich, was sie falsch gemacht haben, aber er wird ihnen in Liebe sagen, was ihm nicht gefällt.
Vor allem wird ein guter Vater seine Kinder niemals fallen lassen oder gar verstoßen. Gleichgültig, was sein Kind getan hat, wird er da sein, bereit dazu, sein Kind anzuhören, bereit sein, ihm zu verzeihen und ihm ein Zuhause zu bieten.
So will Gott zu uns Menschen sein, wie ein liebevoller Vater: gütig und tolerant, aber auch konsequent. Damit wir das begreifen, wirkt Gottes Geist. Durch Gottes Geist sehe ich in Gott meinen guten Vater, der mich in aller Liebe und in aller Freiheit meine Wege gehen lässt, selbständig und selbstbestimmt. Nichts bürdet Gott mir auf. Paulus betont ausdrücklich: „Wir haben keinen knechtischen Geist empfangen, sondern einen kindlichen Geist.“ Das heißt doch. Gottes Geist bewirkt, dass ich ungezwungen und frei, vertraut und vertrauensvoll wie ein Kind leben darf.
Ein Knecht ist untertan seinem Herrn, er hat eine ganz andere Stellung und einen ganz anderen Stellenwert als ein Sohn oder eine Tochter. Ein Knecht ist abhängig von einer weltlichen Macht, die über ihm steht, die über ihn bestimmt und etwas fordert. Als Kind Gottes ist der Mensch frei von allen Mächten, die über ihm stehen wollen. Auch das bewirkt Gottes Geist: Keine Macht außer Gott allein herrscht über mich. Gott fordert nichts, er setzt nicht unter Druck. Gott ist der Rückhalt, er steht immer bereit und streckt seine Hand aus, die ich nur fassen muss, um sicher zu sein, um beschützt und gestärkt zu sein.
Gottes Geist bewirkt auch, dass ich zu Gott reden kann wie zu einem lieben Vater. Als Zeichen der besonderen Zusammengehörigkeit darf ich Gott mit „Abba“ anreden. Abba: liebes Väterchen, Papa. Das ist wirklich die vertrauteste Anrede. So kann nur jemand angeredet werden, den ich von Herzen liebe, dem ich frei und offen gegenübertrete ohne Furcht, ohne Scheu.
Jesus hat Gott so angeredet. „Abba“, lieber Vater. Jesus ist Gottes Sohn. Es ist selbstverständlich, dass Jesus seinen Vater so anredet. Aber ich? Ja, auch ich darf so sprechen. Durch den Geist spreche ich so.
Gottes Geist tut noch mehr: „Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“ So schreibt Paulus. Gottes Geist bestätigt also ausdrücklich, dass wir Gottes Kinder sind. Er gibt die innerer Gewissheit, die Zuversicht und Klarheit, dass wir als Kinder Gottes leben dürfen.
„Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi.“ So heißt es weiter im Römerbrief. Das ist eine zwingende Konsequenz: Kinder beerben den Vater. Erben Gottes und Miterben Christi bedeutet dann, in der Freiheit zu leben, die Gott durch seinen Sohn gibt und Anteil zu haben an dem, was Christus für uns Menschen getan hat, als er am Kreuz starb. Erben Gottes zu sein, heißt, unabhängig von allen irdischen Mächten zu sein, frei von aller Schuld zu sein, und frei zu sein von aller Vergänglichkeit, denn Gott verspricht ewiges Leben in seiner Geborgenheit.
Wer von Gottes Geist erfasst wird, der gehört zu Gott als sein geliebtes Kind. Dann wird Gottes Geist zur treibenden Kraft im Leben. Der Geist bewirkt, Gott als Vater zu erkennen. Gottes Geist schafft klare Gedanken, er macht frei und unabhängig von allen irdischen Mächten. Gottes Geist gibt innere Gewissheit. Er vertreibt alles Unklare und bestätigt immer wieder: Du bist ein Kind Gottes.
Eine gute Zeit in der fröhlichen Gewissheit, ein Kind Gottes zu sein!
Ihre Pastorin Annette Beer