An(ge)dacht zum Sonntag Rogate, 05.05.2024

„Und er antwortete ihr kein Wort“ Matthäus 15, 23

Von Christus ist in diesem Vers die Rede.

Das mag uns überraschen und vielleicht auch verstören, nämlich, dass wir in diesem Evangelium auf einen Christus treffen, der auf den verzweifelten Hilferuf einer Mutter nicht antwortete und sich somit ganz anders verhielt, als wir es von Ihm erwarten würden.

Und darum geht es wohl auch in diesem Evangelium: um Erwartungen und vor allen Dingen um enttäuschte Erwartungen. Denn die Bitte der Mutter verhallte über lange Zeit unerhört. Und das nicht nur einmal, wie der weitere Verlauf dieser Begegnung zeigt – immer wieder bekam sie von Christus ein Nein als Antwort.

Was ja für sie konkret bedeutete: Ich erhöre dich nicht. Ich werde mich nicht über dich und dein Kind erbarmen. Es ist fast schon unerträglich mitzuverfolgen, wie diese verzweifelte Frau sich von seinen wiederholten (!) Neins nicht beirren ließ, sondern wieder und wieder um seine Hilfe flehte.

Und dass obwohl die Begründungen für seine Abweisung immer schroffer und abweisender, ja fast verstörend verletzend ausfielen. Er sagte ihr damit in aller Schärfe: Du hast keinen Anspruch mir gegenüber zu erheben. Ich bin dir nicht verpflichtet! Spätestens jetzt würden wir doch erwarten, dass davon berichtet wird, wie sie sich resigniert von Ihm zurückzog. Erstaunlicherweise tat sie das nicht. Denn in dieser über lange Zeit enttäuschende Begegnung mit Ihm, gewann sie auch die Erkenntnis, dass sie keinerlei Ansprüche oder Erwartungen Ihm gegenüber erheben konnte, dass Er nicht in der Pflicht stand, ihr Gebet zu erhören. Und aufgrund dieser Erkenntnis – und darin erweist sich ihr Gebet bar aller Eitelkeiten – erbat sie nur die „Brosamen vom Tisch“. Denen allerdings traute sie viel zu!

Diese Frau verstand Christus – auch (!) den zunächst abweisenden Christus – als den alleinigen Quell alles Guten und sich selbst als die ihm gegenüber schlechthin Bedürftige. Sie wusste: sie hatte vor Christus nichts darzustellen und konnte sich selbst nur als die im Gebet zeigen, die alles von Ihm zu empfangen hatte. Es war diese gläubige Demut, aus dem ihr Gebet entsprang, welche am Ende recht behielt und dessen Bitte nun auch endlich erhört wurde.

Denn dann lautete die endgültige Antwort Christi auf ihr Gebet: „Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zur selben Stunde.“

Ihre Pfarrerin G. Steinmeier