An(ge)dacht zum Pfingstfest 2021

„Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen,“
spricht der HERR Zebaoth.
Sacharja 4,6

Wenn wir heute nach Israel und Palästina schauen, sehen wir sehr viel Gewalt. Die vorhandenen Spannungen und Auseinandersetzungen eskalieren. Menschliche Macht und Gewalt ist uns nicht fremd und wir können der Brutalität und Grausamkeit in unserer Welt nicht entfliehen. Das sind und bleiben die Mittel menschlicher Macht und Gewalt. Das Ausklammern nützt nichts. Auch wir bekommen es in unserer Gesellschaft immer wieder mit dieser menschlichen Macht und Gewalt zu tun, ob wir es wollen oder nicht. Die Welt, in der wir leben, ist davon geprägt. Das gilt für die Zeit des Propheten Sacharja, für die Zeit des ersten Pfingstfestes genauso wie für unsere Zeit.

Bei Sacharja waren es die kriegerischen Auseinandersetzungen seiner Zeit, die Israel zum Spielball der Großmächte hatte werden lassen. Und wenn man die zeitgenössischen Berichte der Schlachten, der Einnahmen der Städte und über den Umgang mit Gegnern und Gefangenen heute einsieht, mag man ahnen, welche Brutalität dahintersteckt. Serubbabel, der Statthalter in Jerusalem, drohte diese Vorgehensweisen zu übernehmen.

Beim ersten Pfingstfest war es der römische Machtapparat, dessen Gewalt sich gerade in der Kreuzigung Jesu gezeigt hatte. Rücksichtslose Verfolgungen mit Massenhinrichtungen, Zirkusspiele, bei denen zur Belustigung der Zuschauenden sich Menschen gegenseitig umbringen mussten und wilde Tiere Gefangene zerfleischten, zeigen den Hintergrund der Herrschaft. Der römische Kaiser regelte auch seinen religiösen Anspruch durch seine Armee und auf seine Weise.

Aber so soll der Glaube nicht voran getrieben und verbreitet werden. Gott schickt seinen Propheten und lässt Serubbabel durch Sacharja verkünden: „Nicht durch menschliche Macht und Gewalt wird es dir gelingen, sondern durch meinen Geist! Das sage ich, der HERR, der Herrscher der Welt.“

Aber so soll der Glaube nicht voran getrieben und verbreitet werden. Gott schickt seinen Propheten und lässt Serubbabel durch Sacharja verkünden: „Nicht durch menschliche Macht und Gewalt wird es dir gelingen, sondern durch meinen Geist! Das sage ich, der HERR, der Herrscher der Welt.“

Die Folie der menschlichen Macht und Gewalt mit all ihren Fassetten ist uns deutlich geworden. Aber Gott hebt sich bewusst davon ab. Und er möchte, dass unser Handeln sich bewusst davon abhebt. Er möchte, dass unsere Motive und unsere Mittel sich davon abheben. Er möchte, dass unser Denken und Trachten sich davon abheben. Und erst recht unser Reden und Tun.

Gott, der Herrscher der Welt, der seinem Volk immer wieder zugesagt hat, dass er es begleitet, der dem gefangenen und unterdrückten Volk Israel die Befreiung und Rückführung in das gelobte Land versprochen hat, will zu den Zeiten Sacharjas einen neuen Tempel statt des im Krieg zerstörten. Aber er will ihn nicht auf menschliche Macht und Gewalt aufbauen, sondern dort und dafür mit seinem Geist wirken.

Gott, der seinen Sohn unter die menschliche Macht und Gewalt gegeben hat, dessen Sohn am Kreuz äußerst schmerzhaft diese Macht und Gewalt erlitten hat, möchte seine Kirche nicht auf diese Strukturen aufbauen. Jesus hat sich unter diese Mächte und Gewalten begeben, damit er in allem an unserer Seite sein kann. Aber er bestärkt damit nicht diese Mächte und Gewalten. Er unterwirft sich nicht, sondern unterwirft sie. Am Kreuz sterbend besiegt Gottes Sohn mit seiner Liebe alle Mächte und Gewalten dieser Erde. In der Auferstehung wird dieser Sieg gefeiert.

Aber erst durch seinen Geist wird dieser Sieg für die Jünger zur eigenen Erfahrung. Erst Pfingsten brechen die Türen auf. Erst durch den Geist treten die Jünger in die Welt hinaus und verkünden die großen Taten Gottes. Der Geist befreit von Ängsten und Zwängen. Der Geist lässt die Mächte und Gewalten dieser Welt zurücktreten. Durch den Geist können Menschen menschlicher Macht und Gewalt entgegentreten und die Liebe Gottes leben. Durch den Geist Gottes werden sie unabhängig und für die Herrschenden durch die gelebte Liebe so gefährlich.

Wir stehen in der Tradition des Sacharja und der ersten Christen an Pfingsten. Auch uns gilt die Verheißung und Zusage Gottes. Er wird sein Reich bauen und seine Kirche leiten. Er wird bei seiner Gemeinde bleiben und sie durch die Welt begleiten. Sein Geist ermöglicht es uns, hinauszugehen in die Welt und dem Bösen entgegenzutreten. Wir müssen auf menschliche Macht und Gewalt keine Rücksicht nehmen, denn in der Taufe ist einem jeden und einer jeden von uns der Geist Gottes zugesagt. Wir dürfen und sollen in Gottes Auftrag wie Sacharja und wie die ersten Christen an Pfingsten frei und offen Gottes Liebe in der Welt verkündigen und leben. Denn „nicht durch menschliche Macht und Gewalt wird es dir gelingen, sondern durch meinen Geist! Das sage ich, der HERR, der Herrscher der Welt.“

Gesegnete Pfingsten und einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag der Kirche!

Ihr Pfarrer Johannes Beer