,,Vergesst nie die Geschichte!“ sagte der erste indonesische Präsident Soekarno, als er unser Volk daran erinnerte, wie hart und schwierig das Leben unter einem Kolonialmachtsystem gewesen ist. Diese fremden Menschen haben die Würde des einheimischen Volkes auf ihrem eigenen Land verachtet. Einmal hat die Kolonialregierung die Muskat- und Nelkenbäume in Maluku, einer Insel in Indonesien, abgehaun, damit der Preis durch diese Entschiedung kontroliert werden konnte. Das Rind und eine Zuchtsau wurden meinem Opa von der japanischen Kolonialregierung weggenommen. Er bekam als Bezahlung nur einen billigen Stoff oder genauer gesagt, einen Mehlsack.
Der holländische Autor Edward Douwes Decker hat einen Roman über das Leben eines Volkes in Java geschrieben. Wegen der Gier der Kaffeeplantagenbesitzer schwebten die Menschen zwischen Tod und Armut. Wegen der Unterdrückung, Beschlagnahme und Verfolgung, die von Offizieren und Beamten verübt wurden, zerstörte es die Liebe zwischen zwei jungen Menschen, und sie konnten nicht heiraten. Dieser Roman hat die Wut und Empörung von vielen Menschen in den Niederlanden erschüttert. Deshalb wechselte die Regierung ihre Politik, in die sogenannte ethische Politik. Dieser Ansatz hat eine Erneuerung bis hin zu der Freiheit Indonesiens geführt.
,,Vergesst nie die Geschichte!“ so lautet auch die Botschaft des altestamentlichen Predigers, des Propheten Micha. Er stammte aus einem Dorf, aber seine Predigt hat die jerusalemer Machtinhaber und Wohlhabenden erreicht, weil sie auf die Rechte der Armen nicht geachtet haben. Diese Menschen hatten das Gefühl, dass sie fromme und religiöse Menschen sind, weil sie die Anforderung der Thora richtig und ausführlich erfüllten. Sie haben regelmäßig Opfer in den Tempel gebracht, durch die sie ihren Ruf und ihre Bekanntheit erreichten.
Als Micha diese Heuchelei beobachtete, war ihm klar, dass etwas in seinem und unter seinem Volk nicht stimmte, deswegen stand er als Gottesmann auf und predigte:
1Hört doch, was der Herr sagt: »Mach dich auf, führe einen Rechtsstreit mit den Bergen, auf dass die Hügel deine Stimme hören!« 2Hört, ihr Berge, den Rechtsstreit des Herrn, ihr starken Grundfesten der Erde; denn der Herr will mit seinem Volk rechten und mit Israel ins Gericht gehen! 3»Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir! 4Habe ich dich doch aus Ägyptenland geführt und aus der Knechtschaft erlöst und vor dir her gesandt Mose, Aaron und Mirjam. 5Mein Volk, denke doch daran, was Balak, der König von Moab, vorhatte und was ihm Bileam, der Sohn Beors, antwortete; wie du hinüberzogst von Schittim bis nach Gilgal, damit du erkennst, wie der Herr dir alles Gute getan hat.«
6»Womit soll ich mich dem Herrn nahen, mich beugen vor dem Gott in der Höhe? Soll ich mich ihm mit Brandopfern nahen, mit einjährigen Kälbern? 7Wird wohl der Herr Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde?«
8Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Micha war bestimmt ein wortgewaltiger Mensch, der sich für die Menschen gegen das Unrecht und die Korruption einsetzte. Ihm war es bewusst, dass so eine harte Predigt bei vielen Menschen nicht beliebt ist. Sie könnten ihm sogar vorwerfen, ein Unruhestifter zu sein. Diese Botschaft kann auch einen Umbruch verursachen, den die Stabilitätspflegenden und den wirtschaftspolitischen Einflussreichen nicht mögen. Micha sah, dass sie Gottes Namen misbrauchten und ihre Theologie irreführend war. Sie achteten ausschließlich auf die persönliche Frömmigkeit, ohne zu wissen, dass es noch eine wichtigere religiöse Praxis gelebt werden muss, nämlich: die soziale Frömmigkeit. Das Leben ist noch nicht vollkommen, wenn man Gott dient aber gleichzeitig gibt man nicht Acht auf das Wohlbefinden seiner Mitmenschen. Das bedeutet nicht, dass man ein Heiliger werden muss, um die Leiden auf dieser Welt zu beseitigen. Es wird wohl eine untragbare Zumutung und Belastung sein, wenn man alle Verantwortung auf den eigenen Schultern trägt. Davon ist nicht die Rede, denn ein Mensch ist schließlich kein Messias, der das Heil der Welt ermöglichen kann.
Micha forderte seine Zuhörer heraus, damit sie ihr Hören betätigen oder aktivieren. Gott selber hat sich durch seinen Propheten vertreten lassen, um seine Klage gegen dieses Volk auszudrücken. Weil es keinen Sinn macht, Gott anzubeten und zugleich die Gerechtigkeit zu zertrampeln. Statt einer Anbetung ist das vor den Augen Gottes eine Verachtung. Diese Menschen müssen von der Geschichte lernen, dass Gott ihnen die Befreiung bringt. Wie er das Heil durch Mose, Aaron und Mirjam dem Volk zukommen ließ, obwohl sie während der Wüstenwanderung viele Schwierigkeiten durchmachten, verließ er sie nicht.
Sie dürfen das nicht einfach vergessen, weil ihre Vorfahren auch schlimme Erfahrungen und eine schlimme Vergangenheit im Haus der ägyptischen Sklaverei hatten. Gott, der in ihrer Geschichte wirkte und immer wirkt, fordert, dass sie sich gegenüber ihren Mitbürgern und Mitmenschen aufrichtig verhalten müssen. Die Schlüsselworte der Gottes Anforderung sind: Freundlichkeit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Wer das nicht praktiziert, kennt Gott überhaupt nicht.
Micha gab den Schwachen, Heimat- und Schutzlosen, sowie den Ausgegrenzten und schlecht Behandelten eine Stimme. Seine Predigt ist ein Aufschrei der Sehnsucht nach würdigem Leben, in dem man mit vollem Magen schlafen kann, weil man nicht ausgebeutet und verfolgt wird. Das ist die Sehnsucht der Kinder, die ohne Angst spielen möchten, weil es keine Schüsse oder Angriffe gibt, die ihr Leben auf Anhieb verwüsten können. Dieser Prediger sprach auch eine Prophezeihung aus, die bis heute sehr bekannt ist, als er sagte: Er wird unter vielen Völkern richten und mächtige Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Um das haben und erleben zu können, muss man von der Geschichte lernen und sich lehren lassen, weil Gott im Laufe der Zeit, sowohl in der Vergangenheit als auch heute und in der Zukunft immer wieder spricht und einlädt, dass wir unser Hören nicht nachlassen sollen aber schärfen.
Ihr Pfarrer Albert Purba
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