Liebe Leserin und lieber Leser!
Im Gesprächskreis Bibel und Gottesdienst treffen wir uns regelmäßig im Lutherhaus. Wir lesen und
diskutieren Bibelabschnitte, die zur jeweiligen Zeit des Kirchenjahres an der Reihe sind. Wir lassen uns davon anregen und kommen auf uns selber zu sprechen: Was die Texte uns persönlich sagen oder wie sie auf die aktuelle politische Situation übertragbar sind. Wir lernen aus der Bibel, welche Wegweisung und Orientierung sie uns für heute gibt.
Der Psalm für diesen Sonntag und für die neue Woche ist Psalm 1. Auch hier geht es um eine
intensive Beschäftigung mit der Weisung Gottes.
1 Glücklich die Menschen, die nicht nach den Machenschaften der Mächtigen gehen, nicht auf dem Weg der Gottlosen stehen noch zwischen Gewissenlosen sitzen, 2 sondern ihre Lust haben an der Weisung Gottes, diese Weisung murmeln Tag und Nacht. 3 Wie Bäume werden sie sein – gepflanzt an Wasserläufen, die ihre Frucht bringen zu ihrer Zeit, und ihr Laub welkt nicht. Was immer sie anfangen, führt zum Ziel. 4 Nicht so die Machtgierigen: Wie Spreu sind sie, die der Wind verweht. 5
Darum bestehen Gewalttätige nicht im Gericht, Gottlose nicht in der Gemeinde der Gerechten. 6
Ja, auf den Weg der Gerechten gibt Gott Acht, der Weg der Machtgierigen aber verliert sich. Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
Glücklich die Menschen, die ihre Lust haben an der Weisung Gottes. Die Botschaft lautet: Gottes Wort und seine Weisung sollen Lust machen und keine Last sein. 1 Sie wecken Neugier, sie regen unser Interesse an, sie machen Freude. Während lustloses Lernen eine Qual ist. Sicher gibt es auch sperrige Worte, die sich nicht gleich erschließen, die Widerstand provozieren und unsere Geduld auf die Probe stellen. Doch alle Mühe ist vergessen, wenn ein Aha-Erlebnis kommt, wenn sich neue Einsichten einstellen und Zusammenhänge sichtbar werden; wenn wir merken, wie unser Glaube im Erkennen und Verstehen wächst.
Es kann sein, dass ein Text, ein Vers vielleicht nur, uns lange begleitet, ohne dass wir mit ihm fertig werden. Es kann auch sein, dass derselbe Text zu einer anderen Zeit neu zu sprechen beginnt: Als ob wir ihn dann zum ersten Mal lesen. So fangen wir immer wieder am Anfang an. Die wiederholte Bibellektüre führt dazu, dass uns die Texte zu „Lebensmitteln“ werden, die wir uns einverleiben, auf dass wir satt werden. Die Lebensweisung, die als fremdes Wort von außen kommt, diese Wegweisung wird zu einer Wegzehrung. 2 Wer sich so auf Gottes Weisung einlässt und sich an ihr orientiert, der gleicht einem Baum, gepflanzt an Wasserläufen, der seine Frucht bringt (…). Sein Weg führt zum Ziel.
Demgegenüber werden die Machtgierigen kontrastiert, die Frevler und Gewissenlosen, die sich von Gott abwenden. Wie Spreu sind sie, die der Wind verweht, heißt es in Psalm 1. Ihr Weg verliert sich. Wer sich aber mit Lust und Liebe auf Gottes Wort einlässt, der ist davon überzeugt: Zum Weg seiner Weisungen, die dem Leben dienen, gibt es keine ernst zu nehmende Alternative! Gegenüber dem Lebensweg der Gerechten ist der Lebensweg der Bösen keine wirkliche Möglichkeit. Vielmehr lädt der Psalm dazu ein, den einen gangbaren Weg zu beschreiten und sich nicht davon abbringen zu lassen. Unserem Gesprächskreis Bibel und Gottesdienst wünsche ich, dass wir weiter mit Lust an die Bibel herangehen und den Texten auf der Spur bleiben; gespannt auf Überraschungen, die wir dabei erleben.
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen, diesen Sonntag zu genießen.
Andreas Smidt-Schellong
1 In dieser An(ge)dacht orientiere ich mich an einer Psalm 1-Auslegung der Theologin Magdalena L. Frettlöh, in: Ein Wort gibt das andere, Erev-Rav Biblische Erkundungen Bd. 12, Uelzen 2010, Seite 164-169.
2 Vgl. den Propheten Hesekiel: Bei seiner Berufung soll er die Torahrolle essen und das Gotteswort in sich aufnehmen.
„Da aß ich sie, und sie war in meinem Munde so süß wie Honig.“ (Hes 3,1-3)