An(ge)dacht zu den Weihnachtsfeiertagen 2022

Joseph – die Randfigur im heiligen Geschehen

„Und sie gingen eilends…“
So wird uns von den Hirten in der Heiligen Nacht berichtet.
Eilends machten sie sich auf zum Stall nach Bethlehem, um zu sehen, wovon der Engel zu ihnen gesprochen hatte.

Liebe Gemeinde,
wenn wir uns das Geschehen in der Heiligen Nacht richtig klar machen, dann wird uns wohl deutlich, in welch merkwürdigen Situation sich plötzlich Maria und Josef wiederfanden:
Wildfremde Menschen tauchten plötzlich in diesem Stall auf und erzählten, was ihnen Erstaunliches auf dem Felde widerfahren war. Erzählten, dass die himmlische Welt in ihre irdische eingebrochen war.
Das, was die Hirten von den Ereignissen auf dem Felde berichteten, klingt so phantastisch und wunderbar – vielleicht in manchen Ohren zu wunderbar – dass man versucht sein könnte, ihren Worten kein Vertrauen zu schenken.
Eine solche Reaktion wäre ja denkbar – und das ist in meinen Augen interessant: sie ist auch für den Evangelisten Lukas vorstellbar. Denn an dieser Stelle kommt für mich der Josef ins heilige Spiel dieser Nacht. Josef – diese Randfigur im Weihnachtsevangelium.
Josef wird uns als der erste Mensch in der Heiligen Nacht vorgestellt, der „nur“ einen Bericht von der Predigt der Engel hatte.
Josef – diese Randfigur der Heiligen Nacht – hat bei näherer Betrachtung – viel mit uns gemein.
Wir sollten ihn liebgewinnen und ihn ein wenig in unsere Mitte rücken und uns so innerlich an seine Seite stellen. Denn auf seine besondere Weise ist er uns der Nächste in dieser Nacht.
Bedenken Sie, bitte:
Er hatte es schwerer als die Anderen, zu glauben, dass in dieser Nacht in Bethlehem auch für ihn der Heiland geboren war. Denn er ist der Einzige, jedenfalls im Lukas Evangelium, der keine direkte Engelsbegegnung hatte; nicht in der Adventszeit und auch nicht in der Heiligen Nacht.
Dem Josef wurde es genauso schwer oder genauso leicht gemacht wie uns, die wir auch „nur“ das Evangelium des Lukas als Zeugnis von den Ereignissen dieser Nacht haben.
Der Josef des Lukas Evangelium würde aber wohl auf all diese Gedanken erwidern:
Bedenkt, dass es heilige Geschichte ist, von der die Hirten Zeugnis abgelegten. Und weil es sich so verhält, bin ich gewiss: Es war Sein Wille, dass ich mit den Worten bekannt gemacht werde, die der Engel über dieses Kind gesagt hatte. Es war Sein Wille, mir kundzutun, dass dieses Kind der Heiland ist. Und ich habe nichts dagegen zu sagen, dass Er diesen indirekten Weg wählte, um mich hineinzuziehen in das Wunder volle Geschehen dieser Nacht. Und weil dies alles über den Josef gesagt werden darf, gilt es auch für uns, die wir das Fest der Geburt Christi feiern.
Gilt das Wort des Engels in der Heiligen Nacht: „Euch ist heute der Heiland geboren!“
Wer es mit Glauben fassen kann, „der steht, wie Josef, an seiner Krippen hier“.
Mittendrin!
Amen

Ihre Pfarrerin Gabriele Steinmeiner