„Arche-Noah-Post“ am 22.4.2020

von Dr. Julia Ruprecht, Presbyterin

Was macht ein Chor, der momentan nicht singen kann? – Genau: Chatten!

Im Moment gestaltet sich Kommunikation ganz anders als zuvor. Viele beklagen die neuen Bedingungen und vermissen persönliche Kontakte. Es gibt aber auch ungeahnte Chancen und Möglichkeiten, ganz neue Wege zu gehen und plötzlich Nähe zu anderen zu zeigen, in einer Weise, wie man es sich sonst nicht traut.
Ein Beispiel dafür ist der WhatsApp-Chat der Münsterchor-Gruppe. Ursprünglich ist diese Gruppe gegründet worden, um schnell wichtige Informationen auszutauschen. Nun aber werden ganz neuartige Mitteilungen und Bekundungen abgesetzt. Häufig werden lustige Filmchen und Texte verschickt. Dann wieder kommen ganz ernste Themen auf.

Lesen Sie selbst:

A:  Heute ist Dienstag. 21 Uhr – Pause. Was proben wir?
B:  Ich würde lieber MESSIAS proben.
C:  Mir fehlen die persönlichen Kontakte; schön, dass es euch gibt.
D:  Ja. Singen tut gut. Ob allein oder in Gemeinschaft – so lange wir nicht gemeinsam im Chor singen können, müssen wir eben andere, neue Wege gehen. LG und bleibt gesund!
A:  Bleibt gesund!
E:  Herrliche Videos, die ihr da immer schickt. Ich schaue sie immer wieder an und lache mich kaputt!
C: Es ist schön, dass wir auf diese Weise in Verbindung bleiben. Passt auf euch auf und bleibt gesund!
B: Können wir mal über etwas anderes plaudern? Ich benötige zum Beispiel ein Kuchenrezept.
A: Alles klar. Habe ich dir per Mail geschickt.
C: Ich habe heute auch gebacken. Zitronen-Muffins.
A: In Ordnung – wir kommen! 😉
D: Guten Morgen, ihr Lieben, seit Tagen habe ich diese Worte im Herzen. Bisher habe ich mich noch nicht getraut. Heute ist es so weit. Ich wollte Euch einfach nur sagen, dass ich Euch liebe. Ob groß oder klein, ob dick oder dünn, ob jung oder jünger. Ich finde Euch alle toll. Unser gemeinsames Musizieren gibt neue Kraft und ist Seelennahrung. Selbst jetzt kommunizieren wir und das finde ich großartig! Wir wissen ja alle, dass Musik Brücken baut und Grenzen überwindet. Beim Musizieren sind wir alle gleich. Und Ihr habt alle so viel Herzenswärme. Das ist unsagbar schön! Ich liebe Euch alle. LG
E:  Du sprichst aus, was wir alle fühlen und denken. Wir haben jetzt Zeit, uns wieder bewusst auf das Wichtige im Leben zu besinnen und wir sind in der Lage, innezuhalten und uns mehr Zeit füreinander zu nehmen und emotionale Brücken zu vielen Menschen zu bauen. Und eine dieser Brücken seid Ihr und das gemeinsame Musizieren.
A: Ihr Lieben, Ihr rührt mich zu Tränen! Ich bin so froh, dass wir uns austauschen können.
C:  Ihr Lieben, ganz tüchtig freue ich mich, bei Euch im Chor sein zu dürfen, mit Euch zu singen und auch jetzt in dieser Zeit verbunden zu sein! Ich wünsche uns allen Gottes Bewahrung!
E:  Ich weine vor Rührung und möchte mich Euren Gedanken und Gefühlen anschließen und sie zurückgeben.
B: Ich habe mal eine ganz andere Frage. Ich habe gelesen, dass es in Kitas und Schulen Notbetreuung gibt? Könnte mich auch jemand notbetreuen?
E:  Fühl dich von uns betreut!
B: (schreibt…)

Diese Korrespondenz wurde und wird stetig weitergeführt. Es wird in dem Chat deutlich, dass wir trotz der besonderen Situation fröhlich sein und christliche Verbundenheit spüren können, die über das gemeinsame Musizieren hinausgeht. So wie der Zweig im Schnabel der Taube, die zur Arche-Noah zurückfliegt. Es ist nicht mehr „Land unter“, wenn wir uns gegenseitig auch mal sagen, dass wir uns mögen und brauchen.

In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund und munter! –

Dr. Julia Ruprecht