von Klaus Lobe, „Böckmanns Laden“
Seit Ende März wird im Restaurant im Elsbach Haus Essen zum Verteilen gekocht. Ausgangspunkt für die Aktion war die Tatsache, dass der Herforder Mittagstisch in der Hermannstraße nicht wie gewohnt betrieben werden kann. Die Menschen, die es gewohnt sind, dort regelmäßig eine warme Mahlzeit zu bekommen, waren also unversorgt.
Man wollte aber über die Gäste des Mittagstisches hinausgehen und so wurde auch ich gefragt, ob ich nicht Menschen wüsste, denen ich ein Essen bringen könnte. Also 10 Mittagessen pro Tag verteilen, kann ich schon, aber…
Worin dieses „aber“ besteht, wurde deutlich, als der Zeitungsartikel mit der Überschrift „Marc Höhne kocht für Bedürftige“ erschien. Oh Schreck! Wer ist hier in und um Böckmanns Laden denn so bedürftig, dass er oder sie wirklich ein kostenloses Mittagessen benötigt? Und wer möchte so ein Essen, wenn man dadurch als „bedürftig“ einsortiert wird? Das passt doch alles nicht! Da geben wir uns im Alltag Mühe, dass es keine Rolle spielt, ob jemand viel oder wenig hat, und jetzt sollen wir Armenspeisung machen. Das ist echt gewöhnungsbedürftig!!!
Was war das gerade für ein Wort? Gewöhnungsbedürftig. Das ist es! Es gibt gar nicht nur das eine bedürftig. Das, was man sofort mit arm gleichsetzt. Es gibt ganz viele Bedürftigkeiten. Wie wäre es zum Beispiel mit trostbedürftig? Das sind wir im Moment alle. Manche weniger und manche mehr. Und da kommt das Mittagessen ins Spiel. Eine leckere Abwechslung in diesen Tagen, wo man auf Besuche, Einkaufsbummel, Feiern oder Gottesdienste verzichten muss.
Ein Mittagessen als Abwechslung muss nicht täglich kommen. Ab und zu reicht. Wir können beim Verteilen wechseln, mal bekommt die eine was, mal die andere. Und so kann man im Laufe einer Woche mit 10 Essen pro Tag viel mehr als nur 10 Leuten eine Freude machen.
Die Sache hat allerdings einen Haken. Ein plötzlich und unerwartet vor der Tür stehendes Mittagessen wird die wenigsten glücklich machen. Man plant schon ganz gern ein bisschen. Vielleicht ist der Kühlschrank gerade voll und man muss erst mal aufessen, damit nichts verdirbt. Vielleicht hätte man gerne vorher gesagt, dass man bestimmte Dinge nicht mag oder verträgt. Also keine Überraschungsbesuche, vorher wird telefoniert.
Also erfrage ich nach jeder Verteilrunde, was es am nächsten Tag zu essen geben wird. Und dann nehme ich mein Telefon und rufe Leute an. So lange, bis die Essen für den nächsten Tag untergebracht sind. Das ist manchmal mühsam, aber im Grunde das Beste, was mir im Moment passieren kann. Im Lutherhaus, wo die Veranstaltungen von Böckmanns Laden in normalen Zeiten stattfinden, ist es jetzt leer. Die Menschen dürfen nicht kommen. Da ist ein Gesprächsaufhänger für Anrufe etwas Tolles. Auf diese Weise bekommen viele Leute die Gelegenheit, mir zu erzählen, was sie bewegt und wie es Ihnen geht. Sie erfahren, dass jemand an sie denkt, selbst wenn das Essen am Ende ungelegen kommt. Und die 10, die möchten, können sich auf ein leckeres Essen am nächsten Tag freuen. Denn das, was Marc Höhne und sein Team da Tag für Tag kochen, ist wirklich gut.
Klaus Lobe ist Dipl.-Sozialarbeiter und Diakon und bekannt für seine Arbeit in „Böckmanns Laden“ im Luterhaus